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Archiv-Artikel

zeitungskrise Besser als Heuschrecken

Es gibt schlechtere Nachrichten, als die, dass M. DuMont Schauberg möglicherweise die Tageszeitung Frankfurter Rundschau übernimmt. In puncto Arbeitsplatzsicherheit wäre das Kölner Verlagshaus als neuer Mehrheitsgesellschafter nach den Jahren des dramatischen Personalabbaus und der radikalen Sparmaßnahmen für die noch verbliebene Belegschaft sogar eine hervorragende Wahl. Denn Firmenpatriarch Alfred Neven DuMont ist keine „Heuschrecke“, wie jene Finanzinvestoren unter Führung des Briten David Montgomery, die die Berliner Zeitung übernommen haben.

KOMMENTAR VON PASCAL BEUCKER

Neven DuMont gilt vielmehr nicht zu Unrecht als ein Verleger alter Schule, dem es nicht nur um Renditesteigerung um jeden Preis geht. So neoliberal es auch ansonsten besonders aus dem Verlagsflagschiff Kölner Stadt-Anzeiger immer wieder schallt: Im eigenen Haus pflegte Neven DuMont bisher stets einen rheinisch-kapitalistischen, also sozialverträglicheren Umgang mit seinen Mitarbeitern. Selbst in den Jahren der Zeitungskrise, in denen auch die DuMont-Produkte rote Zahlen schrieben, griff er – anders als beispielsweise Süddeutsche, FAZ oder eben FR – nicht zu dem beliebten Mittel der betriebsbedingten Kündigungen.

Für die Leser der Frankfurter Rundschau gibt es allerdings weniger Grund zum Jubeln. Sie werden sich wohl umgewöhnen müssen. Es ist mehr als fraglich, ob das Blatt weiter seiner bisherigen Blattlinie treu bleibt, jener Mischung aus Traditionssozialdemokratie, Gewerkschaftsorientierung und Linksliberalität. Knallharte wirtschaftsliberale Orientierung und Provinzialismus – auch dafür stehen die DuMont-Blätter. Und falls die Redakteure das nicht begreifen, dann liest ihnen Neven DuMont auch bisweilen schon mal die Leviten. Falls die FR ein solchen Kurswechsel vollzieht, dann hätte auch Frankfurt seinen Kölner Stadt-Anzeiger – und der Rest der Republik eine linksliberale Qualitätszeitung weniger.