piwik no script img

Archiv-Artikel

Linssen kein Bettenbauer

Verwirrung in den Krankenhäusern: Schwarz-Gelb will ab 2007 etliche Klinikbetten abbauen. 14.000 seien überflüssig, sagt Finanzminister Linssen. Wie viele tatsächlich wegfallen, ist aber noch fraglich

VON BORIS R. ROSENKRANZ

Laut Helmut Linssen (CDU) stehen in den etwa 470 Krankenhäusern des Landes gut 14.000 überflüssige Betten. Seit der NRW-Finanzminister seine Rechnung am Dienstag bei der Vorstellung seines Haushaltsentwurfs verkündete, grassiert in den Kliniken Verwirrung. „Wir wissen nicht, wie der Minister auf diese Zahl kommt“, sagt Lothar Kratz, Pressesprecher der Krankenhausgesellschaft NRW (KGNW). Die Kunde, dass ab 2007 der Rotstift geschwungen werde, habe überrascht. Zumal die Kürzungen der Vorgängerregierung nicht abgeschlossen seien.

Seit dem Jahre 2002 wird in NRW der von der früheren Gesundheitsministerin Birgit Fischer (SPD) ersonnene Krankenhausplan umgesetzt. Demnach sollten 9.500 Betten abgebaut werden – schon bis Ende des Jahres 2004. Erst jetzt, mehr als zwei Jahre später, habe man mit rund 9.000 demontierten Betten das Ziel fast erreicht, so Kratz. Es werde also bereits gekürzt. Während die Kliniken zugleich immer mehr Patienten zählen.

Zu Linssens Vorhaben „Krankenhäuser ohne Zukunft“ in Tageskliniken oder Ärztehäuser umzubauen, fragt Kratz: „Welches Krankenhaus hat denn ‚keine Zukunft‘ mehr? Auch eines im ländlichen Raum, das zwar rote Zahlen schreibt, aber doch gebraucht wird?“ Welche Klinik unwirtschaftlich sei, gelte es erst zu definieren, so der Krankenhauslobbyist. „Die oberste Prämisse muss aber in jedem Fall sein, die Patientenversorgung flächendeckend sicherzustellen.“

14.000 Betten – auf welcher Grundlage diese Zahl beruht, dazu kann man in Linssens Ministerium nichts sagen. Stattdessen verweist eine Sprecherin auf das Gesundheitsministerium: „Die Details sind nun Aufgabe der Ressorts.“ Ulrich Lensing, Sprecher im Gesundheitsministerium, beruhigt: „Die Zahl ist bloß eine Zustandsbeschreibung.“ Sie bedeute nicht, dass man nun 14.000 Betten abbauen werde. Lensing rechnet vor: Die rund 140.000 Krankenhausbetten in NRW seien zu 75 Prozent ausgelastet, auch weil sich die Verweildauer der Patienten im Schnitt verkürzt habe. Optimal wären 85 Prozent. Zehn Prozent fehlten also, das mache: 14.000 Betten. „Es geht jetzt an die Feinarbeit“, so Lensing. Der Krankenhaus-Planungsausschuss, dem unter anderem Vertreter der Krankenkassen, der Ministerien und der KGNW angehören, werde einen neuen Plan ausarbeiten. Kliniken auf dem Land hätten es sicher schwieriger als jene in Ballungsräumen, gibt Lensing zu.

Die Kommunen in NRW haben die Pläne des Finanzministers harsch kritisiert. Denn auch sie sollen zahlen: Ab 2007 will Linssen die Städte und Gemeinden unter anderem stärker in die Krankenhausfinanzierung einbeziehen. Statt 20 sollen sie künftig 40 Prozent der Kosten tragen – zusätzliche Ausgaben von rund 100 Millionen Euro. Insgesamt rechnet der Städtetag mit einer Mehrbelastung von etwa 280 Millionen Euro durch Linssens Sparkurs. Wer das Defizit auffangen muss, ist für den Städtetag klar: „Der Griff in die kommunale Kasse geht letztlich zu Lasten der Bürgerinnen und Bürger.“