: Strohmann auf Bewährung verurteilt
Ein Bordell ausbauen ist nicht strafbar. Auch nicht der Maurer L. aus Friedrichshain. Aber als Mieter des Etablissements trägt er Verantwortung für das dortige Treiben – und musste sich wegen Beihilfe zur Zuhälterei vor Gericht verantworten
von UTA FALCK
Nach der Urteilsverkündung schaut Thomas L. erleichtert in den Zuschauerraum zu seiner Lebensgefährtin: Wegen Beihilfe zur Zuhälterei verurteilte die 37. Strafkammer den arbeitslosen Schlosser zu einem Jahr und drei Monaten auf Bewährung. Mit neunzig Minuten Länge war die Verhandlung äußerst kurz: Gericht, Staatsanwalt und Verteidiger hatten sich vorher weitgehend über den Prozessverlauf geeinigt. L. war ein so genannter Strohmann gewesen, er hatte auf seinen Namen Gewerberäume für das „Wellnesscenter Helena“ in Friedrichshain angemietet.
Die Wohlfühleinrichtung war ein klassisches Bordell mit Barbetrieb. Für 70 Mark boten die dort beschäftigten Prostituierten 20 Minuten Geschlechtsverkehr, für 100 Mark hatten die Freier zehn Minuten mehr Zeit. Jeweils am Ende der zwei sechsstündigen Schichten zahlten die Barfrauen den Lohn aus: 60 Prozent des Umsatzes erhielten die Frauen aus Polen, Litauen, Nigeria und der Ukraine. Die Frauen standen unter ständiger Beobachtung der Bordellbetreiber und der Barfrau und konnten sich aufgrund mangelnder Deutschkenntnisse nicht allzu frei bewegen. Geschlagen wurden sie aber nicht.
Bei vier Razzien im Zeitraum von August 2000 bis Juli 2001 trafen die Polizisten im Wellnesscenter „Helena“ insgesamt 14 Frauen ohne Aufenthaltsgenehmigung an: Wer keine solche Genehmigung besitzt, darf nicht in Deutschland arbeiten und deshalb nicht der Prostitution nachgehen. Bordellbetreiber dürfen diese Frauen auch nicht bei sich beschäftigen. Entdeckt die Polizei bei Razzien ausländische Prostituierte, die nur ein so genanntes Touristenvisum vorzeigen können, kommen die Frauen in Abschiebehaft und von dort zurück in ihre Heimatländer. Gegen die Bordellbetreiber wird ermittelt, nach Monaten schließt das Gewerbeamt das Bordell. Nach jahrelangen Ermittlungen stehen die Verantwortlichen vor dem Landgericht und lassen sich in monatelangen, aufwendigen Prozessen ihre Schuld nachweisen.
Im Fall „Helena“ standen insgesamt die Namen von acht Angeklagten auf den Aktendeckeln – drei Bordellbetreiber, drei Barfrauen und zwei Strohmänner. Drei Jahre dauerten die Ermittlungen, zwei Jahre schmorte der Fall bei der Staatsanwaltschaft. Dabei leugnete der 40-jährige Bautzener gar nicht seine Tatbeteiligung. Als gelernter Schlosser half er beim Ausbau des Bordells: „Er hatte Bauleistungen in Höhe von drei- bis viertausend Mark erbracht“, erklärte sein Verteidiger. Von den drei Bordellbetreibern sollte er dann sukzessive bezahlt werden, bekam ab und zu einen Hunderter, so die Auskunft des Angeklagten.
Ein Bordell auszubauen ist nicht strafbar – als Mieter der Gewerberäume in der Warschauer Straße 78 war L. jedoch für das Tun und Treiben darin verantwortlich, auch wenn er mit den dort beschäftigten Prostituierten gar keinen Kontakt hatte. Das war dem ehemaligen Berufsoffizier und Personenschützer beim Ministerium für Staatssicherheit der DDR offensichtlich nicht bewusst gewesen, als er den Mietvertrag unterschrieb. Das Gericht glaubt ihm und zieht den Vorwurf, er habe gegen das Ausländergesetz verstoßen, zurück.
Mit Thomas L. sind im Fall „Helena“ nun drei von acht Tatbeteiligten verurteilt. Als Zeuge wird L. noch einige Male von der 37. Kammer geladen werden. „Aber ich denke, in diesem Jahr sicher nicht“, so die Vorsitzende Richterin.