MARTIN UNFRIED ÜBER ÖKOSEXWARUM DAS DEUTSCHE ENERGIEKONZEPT NICHT IM ATOMKRAFTWERK, sONDERN IN MEINEM KELLER ENTSCHIEDEN WIRD
: Bierchen mit „Olli“ Bierhoff

Mittwoch Kübra Yücel Das Tuch

Donnerstag Matthias Lohre Männer

Freitag Arno Frank Geräusche

Montag Martin Reichert Landmänner

Dienstag K.-P. Klingelschmitt Älter werden

Am Ende des Sommers komme ich am Wochenende nach Maastricht zurück. Die Maas ist erstaunlich voll. Der Regen trommelt auf meine Kollektoren. Herbstwinde peitschen übers Dach, heftig rotieren die Mühlen am Horizont. Und doch überwiegt trotz Sommerendes die gute Laune. Ich konnte nämlich ein bisschen Wärme mitnehmen.

Im August habe ich einen Heizkörper im Keller angestellt und jeden Tag ein bisschen geheizt. Ich war weg, aber meine überschüssige Solarwärme hat die Mauern des Reihenhauses aufgewärmt. Das Biobier auch, aber darauf kann ich in Zeiten des Klimawandels keine Rücksicht nehmen.

Sommerwärme ist der Schlüssel auf dem Weg ins Nirvana des ewig erneuerbaren Haushaltes. An Solarthermie führt kein Weg vorbei. Holz ist allein wegen Feinstaub bei uns nicht unbedingt der Bringer. Erinnert sich jemand an die tropische Juli-Hitze? Was da an Wärme in wenigen Wochen niederbrannte? Und heute? Mitten im August haben Bekannte von mir die fossile Heizung wieder angemacht, was ein technologiepolitischer Skandal ist.

Ach, könnten wir doch saisonal Wärme speichern. Natürlich geht das schon mit einem Riesen-20.000-Liter-Wassertank im Haus. Aber in meinem kleinen Reihenhaus wär dann kein Platz mehr für meine zehn Fietsen. Wer entwickelt für mich also den innovativen, kompakten Langzeitspeicher?

Das frage ich vor allem die Bundeskanzlerin Merkel, die sich auf ihrer Energiereise mit Nebensächlichkeiten aufgehalten hat. Atomkraftwerke angucken? Petitessen. Die paar Prozent am deutschen Energieverbrauch? Lächerlich. Die Kanzlerin verschwendet viel Energie, wenn sie virtuelle Laufzeitverlängerungen diskutiert. Besonders mit hilflosen Konzernchefs, die das Geld ihrer Kunden in lustigen Pro-Atom-Anzeigen versenken. Ich finde übrigens den Atomfreund Oliver Bierhoff sehr sympatisch und würde gerne mit ihm in meinem solartemperierten Keller ein Bierchen trinken. „Olli“, würde ich sagen, „die Atomkraftverlängerung kannst du vergessen. Damit kann ich mein Haus nicht erneuerbar beheizen!“

Ich würde ihm auch von meiner Sommerreise ins Taubertal berichten. „Olli“, würde ich sagen, „da unten bei Tauberbischofsheim, da liegt die Zukunft mit jeder Menge Fotovoltaik und keinem bisschen Atom“. Dann würde ich Olli von meiner Sommerreise nach Stuttgart erzählen und davon, wie viel Energie Leute entwickeln können, um den Bau eines Bahnhofes zu verhindern. „Olli“, würde ich sagen, „stell dir vor, das mit der Atomkraftverlängerung gibt noch mehr Ärger als der kleine Bahnhof. Das ist es echt nicht wert.“

Womit ich wieder bei meinem Keller und dem ungelösten solarthermischen Problem wäre. Ja, natürlich werden wir Atomkraftgegner jede Menge auf die Beine stellen, damit Atomschleudern nicht länger laufen: Demos, Klagen, Bundesverfassungsgericht, das ganze Programm. Das aber ist eine unglaubliche, gesellschaftliche Energieverschwendung. Wer löst denn in der Zeit mein thermisches Speicherproblem?