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Archiv-Artikel

Der weiße Ritter

RAG-Chef Werner Müller glänzt im Landtag als Börsenguru: Die Ex-Ruhrkohle soll als weißer Mischkonzern in den DAX. Die Steinkohle und Bergbaufolgeschäden sollen ausgelagert werden

VON PASCAL BEUCKER

Es war eine als Kompliment deklarierte Kapitulationserklärung, die der CDU-Abgeordnete Christian Weisbrich dem Gast gestern Mittag überreichte: „Dass Sie die Promotion als Sprachwissenschaftler verdient haben, haben Sie heute unter Beweis gestellt.“ Zwei Stunden lang hatten sich die Vertreter der Regierungskoalition im Wirtschaftsausschuss des Landtags bemüht, Werner Müller aus dem Konzept zu bringen. Vergeblich.

Mit einer schon geradezu aufreizenden stoischen Ruhe warb der RAG-Vorstandsvorsitzende vor den Parlamentariern für den für das zweite Quartal 2007 anvisierten Börsengang der Ex-Ruhrkohle AG. Das Ruhrgebiet erhalte dadurch „einen DAX-Konzern, mit dem sich die Bürgerinnen und Bürger identifizieren können“, schwärmte der frühere Bundeswirtschaftsminister. Die Bergleute würden durch das neue Modell nichts verlieren und zusätzliche Lasten für Land und Bund würden auch nicht entstehen: „Die Haftungsmasse wird nicht geschmälert und für die öffentliche Hand entstehen keine Risiken, versprach er.

Nach den Plänen der RAG soll der Konzern in zwei Teile aufgesplittet werden: Zum soll der „weiße Bereich“ mit den Unternehmensteilen Chemie, Energie und Immobilien an die Börse gebracht werden. Der „schwarze Bereich“ mit der Steinkohlesparte hingegen soll in eine Stiftung ausgelagert werden. Sie soll die Anteile der bisherigen RAG-Aktionäre E.on, RWE, ThyssenKrupp und Arcelor für den symbolischen Preis von je einem Euro übernehmen. Die so genannten Ewigkeitskosten des Bergbaus, die Altersvorsorge der Bergleute sowie die Kosten für die Beseitigung von Bergbauschäden sollen dann über die Stiftung aus den Erlösen des Börsengangs gedeckt werden. Der bisher bestehende Haftungsverbund beiden Bereichen hingegen wird aufgelöst.

Laut Müller ist dieser Weg alternativlos. Die RAG könne nicht so bleiben wie sie ist. Denn das sei der „schlechteste aller Zustände“, warnte er vor dem Subventionierungsbedarf des Bergbaubereichs: „Sie werden sich wundern, wie schnell die weiße Seite zerbröselt ist.“ Auch eine von Kreisen der schwarz-gelben Koalition ins Spiel gebrachte Zerlegung des Konzern, um dann die Chemie-, Immobilien- und Kraftwerkssparte einzeln zu verkaufen, erteilte er eine Absage: „Diese ganzen Zerschlagungsszenarien zerbrechen an sich selber.“

Ob mit diesem Konzernumbau auch eine verbindliche Ausstiegsvereinbarung aus dem schwer subventionsbedürftigen Bergbau verbunden sein soll? Das genau verlangen CDU, FDP und Grüne. Müller hält davon nicht viel. Wenn es „typisch deutsch“ laufe, „schließen wir den letzten Schacht genau dann, wenn die deutsche Kohle wieder wettbewerbsfähig geworden ist“, beschied Müller nur schnoddrig. Er persönlich halte „diese Kohlepolitik für falsch, aber ich sehe auch, ich bin da isoliert“.

„Ich will keinen Politiker über den Tisch ziehen“, betonte Müller. Als der Ausschuss später ohne ihn weiter tagte, rekapitulierte der grüne Reiner Priggen den Auftritt des weißen Ritters: „Wir haben eben erleben müssen: Die andere Seite ist optimal vorbereitet.“