Feminismus und Schönheit zusammendenken

KINOREIHE ZU FRAUENTHEMEN Die Schwedin Karin Fornander organisiert die erste Berlin Feminist Film Week und zeigt dabei vom 8. bis 13. März in vier Kinos ein Programm zwischen Körperpolitik und entrückter Indie-Ästhetik

„Mein Interesse an Feminismus war eher da als der Gedanke an ein Filmfestival“

VON CAROLIN WEIDNER

Es ist kein Zufall, dass der Startschuss zur ersten Berlin Feminist Film Week am 8. März fällt – welches Datum böte sich besser an als der Weltfrauentag? Doch das scheint nicht allen zu passen: Mindestens ein in Neukölln verkleistertes Plakat hat seine erste Nacht nur in Fetzen überstanden (siehe Foto). „Die anderen hingen alle noch völlig unbeschädigt, das ging schon explizit gegen unsere Veranstaltung. Da hätten wir nicht mit gerechnet“, berichtet die Schwedin Karin Fornander, die tagsüber das Festival organisiert und nachts im Leimtopf rührt.

Ist Feminismus tatsächlich noch ein Aufreger, der nach seiner papierenen Evidenz grapschen lässt? Offenbar schon. Und damit ein guter Grund, sich der Materie einmal mehr zu widmen. Fünf Spielfilme und vierzehn Kurzfilme hat Fornander hierfür nach Berlin gebracht, die im Sputnik, Babylon Mitte, der Villa Neukölln und dem Queen Quotti bis zum 13. März gezeigt werden. Vornehmlich sind es Produktionen aus den USA und Schweden jüngeren Datums; der Film „Eat, Sleep, Die“ (Gabriela Pichler), der im vergangenen Jahr bei der Verleihung des Schwedischen Filmpreises unter anderem den Guldbagge für den besten Film gewinnen konnte, macht den Anfang, gefolgt von den beiden Berlinale-Entdeckungen „Belleville Baby“ (Mia Engberg) und „Thou Wast Mild and Lovely“ (Josephine Decker).

Mit dabei sind auch ästhetisch anspruchsvolle Arbeiten, insbesondere „Belleville Baby“: ein poetischer Ausflug auf körniger Bildunterlage, in dem sich die Regisseurin nachträglich mit einer gefährlich-romantischen Episode im Pariser Stadteil Belleville befasst. Ist das feministisch? „Wenn es um Feminismus geht, habe ich den Eindruck, dass in Deutschland nicht viel Schönes mit dem Begriff in Verbindung gebracht wird“, kommentiert Forlander. „Ich verstehe allerdings nicht, warum sich beides ausschließen sollte – Feminismus und Schönheit.“

Ohne Zweifel, das fantasievolle und dabei doch ziemlich entrückte Indie-Kino einer Josephine Decker entfaltet sich eher im Fluidum hübscher Entgrenzungen. Auf eine Diskussion, die sich bereits aus dem Plot herauskreischt, kann man lange warten. Ist es deswegen ein weniger ernst zu nehmendes Kino? Für Fornander stehen diese Dinge nebeneinander.

Ein Kurzfilmprogramm hat sie auf den Namen „Love, family and sisterhood“ getauft, ein anderes heißt „My body belongs to me“. Oder kämpferisch: „Not without a fight“. Der Spielfilm „Forbidden Voices“ (Barbara Miller) begleitet drei Bloggerinnen (Yoani Sánchez, Zeng Jinyan and Farnaz Seifi) aus Cuba, China und dem Iran. Und zum „My body belongs to me“-Abend in der Villa Neukölln hat sie die sexpositive Feministin Laura Méritt geladen. Für jede(n) etwas dabei. Warum auch nicht?

Überhaupt laufen für Fornander bei der Berlin Feminist Film Week einige Fäden zusammen, von denen nicht klar war, dass sie sich zu einem Festival verdichten könnten. „Mein Interesse an feministischen Themen war auf jeden Fall eher da als der Gedanke an ein eigenes Filmfestival. Ich hatte mit Film vorher nicht allzu viel zu tun, das änderte sich während der Mitarbeit am Mobile Kino.“ Das Mobile Kino, vor einigen Jahren von Fernando Huerta und Joshua Alas ins Leben gerufen, ist genau das, wonach es klingt: Die Ausrüstung zum (fast) spontanen Screening findet Platz in einem Fahrradkoffer aus Sperrholz, Informationen zu Programm und Veranstaltungsorten gibt es auf der eigenen Internetseite. „Ursprünglich war geplant, dass wir beim Mobile Kino hin und wieder feministische Kurzfilme präsentieren. Dann kam allerdings recht schnell der Gedanke: Warum eigentlich nicht gleich ein ganzes Festival daraus machen?“

Auf Erfahrung konnte die 28-jährige Schwedin damals noch nicht zurückgreifen; dafür aber verfügte sie über Zeit. Eine Anstellung in London hatte sie zuvor gekündigt, um wieder nach Berlin zurückkehren zu können – allerdings ohne Anschlussbeschäftigung im Gepäck. Gelegenheit, einer beständigen Intuition nachzugehen. Und wer weiß, wohin sie diese sonst noch führt?

■ Berlin Feminist Film Week: 8.–13. März, verschiedene Orte; Infos www.berlinfeministfilmweek.com