CHRISTIAN BUSS DER WOCHENENDKRIMI : Magisches Pilzragout
Wer nichts wird, wird Wirt. Oder noch schlimmer: Wirtshauskritiker. Gregor Feilhaber (Jan-Gregor Kremp) und Jean Reber (Horst-Günter Marx) kennen sich, seit sie Ende der Siebziger den Art-Rock revolutionieren wollten. Doch dann kam die Neue Deutsche Welle – aus der Traum vom Progressive-Pop-Olymp. Jetzt betreibt Feilhaber eine miese Gastrokette, während Reber für ein Schmierblättchen den Gastropapst gibt. Ihre Wege kreuzen sich wieder, als der Gourmet beim Restaurantbetreiber ein Pilzragout isst, in das jemand Magic Mushrooms gemischt hat. Im ungewollten Drogenrausch setzt der Schreiber sein Auto gegen einen Laternenpfahl. Ein Mordanschlag?
Rosa Roth (Iris Berben) wird trotz der ernsthaften Lage ganz blümerant, weil sie ein großer Fan der Band gewesen ist. Deren Album hatte sie sich einst in einem Plattenladen in Kreuzberg gekauft; das klinge wie Genesis, raunt sie ihrem Kollegen noch mit Kennermiene zu. Später streicht sie beim Wein sanft übers Plattencover. Die Hülle ist klasse – ein zeittypischer Mix aus New-Wave-Strenge und Progressive-Pop-Prätentiosität.
Das ist aber auch leider das einzige liebevolle Detail dieses Krimis. Autor Thorsten Wettke, der den zeitgemäßen Hamburg-„Tatort“ um Mehmet Kurtulus mitentwickelt hat, aber auch einige bizarre Klamotten, gibt zwar schöne Vorlagen für ein bizarres Drogenmovie – aber die werden verschenkt von Berben-Hausregisseur Carlo Rola. In dessen 28. „Roth“-Folge seit 1994 gibt es dort, wo die Gastro-Szenen ins Groteske gedreht werden müssten, nur gedrosselte Milieubesichtigungen; dort, wo der eitle Schnack des Restaurantkritikers ironisiert werden müsste, nimmt man ihn auch noch ernst. Mehr als ein paar besoffene Kamerafahrten hat man sich dann doch nicht getraut.
Vielleicht sollte man in den ZDF-Entscheideretagen statt teurem Rotwein lieber günstige Mushrooms einwerfen.
■ „Rosa Roth: Das Angebot des Tages“, Sa., 20.15 Uhr, ZDF. „Tatort“-Besprechung auf www.taz.de