: Ersatzumwelt vernichtet
Naturschutzverbände siegen über Airbus und Hamburgs Senat. Ausgleichsmaßnahme für die Zuschüttung der Elbbucht Mühlenberger Loch wird vom Verwaltungsgericht Schleswig nicht akzeptiert. Neues Biotop im Norden gesucht
Ein bereits existierendes Naturschutzgebiet ist kein Ersatz für ein vernichtetes. So simpel lässt sich das gestrige Urteil des Verwaltungsgerichts Schleswig zur Erweiterung des Airbus-Werks in Hamburg-Finkenwerder zusammenfassen. Die Naturschutzverbände BUND und NABU bejubeln ihren juristischen Erfolg über den Hamburger Senat. Es wäre „absurd“ gewesen, findet Schleswig-Holsteins BUND-Vorsitzende, Sybille Macht-Baumgarten, „aus zwei Schutzgebieten eines machen zu dürfen“.
Die Schleswiger Richter entschieden, dass die Haseldorfer Marsch am Nordufer der Elbe in Schleswig-Holstein als Naturschutzersatz für das Mühlenberger Loch ungeeignet ist. Dieses nach mehreren EU-Richtlinien geschützte Elbebiotop war 2001 für die Erweiterung des Airbuswerks zum großen Teil zugeschüttet worden. Zum Ausgleich hat die Stadt ein kleines Süßwasserwatt an der Flussinsel Hahnöfersand geschaffen und wollte zudem das Feuchtgebiet im Kreis Pinneberg „aufwerten“.
Diesen Plan hat das Gericht nunmehr verworfen. Wegen „der grundsätzlichen Bedeutung“ des Falles wurden aber Rechtsmittel zugelassen. Der Senat kündigte an, in die nächste Instanz zu gehen und zudem „das Gespräch mit den Klägern suchen“.
Die Haseldorfer Marsch sei bereits „ein hochwertiges Vogelschutzgebiet nach EU-Recht“, befand das Gericht. Folglich scheide es als Ersatzfläche aus, weil es keine Notwendigkeit gebe, die Fläche ökologisch noch weiter aufzuwerten, argumentieren die Schleswiger Richter. Wenn ein Eingriff in ein Naturschutzgebiet kompensiert werden solle, müsse die neue Fläche aber in einen „höherwertigen Zustand als bisher versetzt“ werden.
Der bereits erfolgte Ausbau des Airbuswerkes für die Produktion des Riesenjets A380 ist von dem Richterspruch nicht betroffen. Allerdings muss Hamburg damit rechnen, bei den Nachbarn Niedersachsen und Schleswig-Holstein um andere ökologische Ausgleichsflächen in Elbnähe bitten zu müssen. Im Stadtstaat selbst ist das nicht möglich.
Der Hamburger BUND hat bereits eine Beschwerde bei der EU-Kommission gegen den Senat eingereicht, weil dieser den gesetzlich vorgeschriebenen „zeitnahen“ ökologischen Ausgleich noch immer nicht geschaffen habe. Landeschef Manfred Braasch erwartet nach dem gestrigen Urteil sogar, „dass die EU-Kommission ein offizielles Verfahren“ einleitet. Damit drohen Hamburg millionenschwere Vertragsstrafen – wegen Umweltvernichtung. Sven-Michael Veit