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Archiv-Artikel

Im Reich des Schneekranichs

Die internationale Seenschutzkonferenz Living Lakes findet in diesem Jahr in China statt: Am Pojangsee zeigt die chinesische Umweltpolitik, dass sie auch umsetzbar ist

PEKING taz ■ Udo Gattenlöhner besteht darauf: Die Zusammenarbeit mit den KP-nahen Naturschützern aus der chinesischen Provinz Jiangxi sei „problemlos und sehr kreativ“. Gattenlöhner ist Geschäftsführer der deutschen Umweltstiftung Global Nature Fund (GNF), die das Motto „Rettet die Seen der Welt!“ hat. Seit 2002 kooperiert die Stiftung mit dem Verein zur Förderung von Berg, Fluss und See der Provinz Jiangxi, um Chinas größten Süßwassersee zu schützen, den Pojang am Mittellauf des Jangtse. Ab heute findet nun die einwöchige internationale Seenschutzkonferenz „Living Lakes“ das erste Mal in China statt.

Die Idee der Konferenz ist nicht so abwegig, wie sie klingt. Schon wirbt die deutsche Lufthansa damit, dass es nur einer Spende von 10.000 ihrer „miles&more“-Luftmeilen bedarf, um einen Schneekranich am Pojang zu beringen und damit zu schützen. 95 Prozent des Weltbestandes der seltenen, vom Aussterben bedrohten Kranichart überwintern am Pojangsee – neben 300 weiteren Vogelarten. Das Erstaunliche aber ist, dass überhaupt Zugvögel hierherkommen, nur 500 Kilometer Luftlinie von Schanghai entfernt, unweit der Industriezentren und des völlig verdreckten Jangtse. „Die Wasserqualität des Pojang kann immer noch als gut eingestuft werden“, schreibt der GNF.

In Wirklichkeit haben die deutschen Konferenzveranstalter in Jiangxi ein erfolgreiches Beispiel der oft als ungenügend beschriebenen chinesischen Umweltpolitik entdeckt. Peking verabschiede zwar fortschrittliche Umweltmaßnahmen, könne sie aber nicht umsetzen, lautet die Kritik westlicher Umweltschutzorganisationen. Hier trifft sie nicht zu. „Für unsere chinesischen Partner geht es nicht nur um Imagegewinn. Der Naturschutz bringt der Provinz auf Dauer auch mehr Geld“, erklärt Gattenlöhner den Sinneswandel.

So helfen die Deutschen den am Pojangsee lebenden Bauern, die ökologische Landwirtschaft einzuführen, und begünstigen die Vergabe von Kleinstkrediten nach dem Modell des Friedensnobelpreisträgers Muhammad Yunus. Aufgrund der geringen Bauerneinkommen in Jiangxi müsse der dortige Umweltschutz immer auch an Armutsbekämpfung gekoppelt werden, meint Gattenlöhner – und spricht dabei schon wie ein chinesischer Kommunist.

Dass die KP es mit dem Pojang ernst meint, bewies sie bereits vor Ankunft der deutschen Umweltschützer: Zwischen 1998 und 2002 wurden laut Angaben der Provinz Jiangxi über 900.000 Menschen aus Gebieten umgesiedelt, die ehemals zum See gehört hatten. Die Besiedlungen hatten die Uferlänge des Sees auf die Hälfte verkürzt und den Lebensraum der Zugvögel stark eingeschränkt. Ein Viertel des in der Regenzeit bis zu 4.400 Quadratkilometer großen Sees war trockengelegt.

Dann aber erkannte die KP in der Verkleinerung des Pojang und seiner Wasseraufnahmekapazität eine der wichtigen Ursachen für die große Jangtse-Flut von 1998, bei der über 5.000 Chinesen starben. Katastrophen- und Umweltschutz gingen daraufhin Hand in Hand und führten am Pojang- und dem kleineren Dongtingsee zu mehr Umsiedlungen als am Drei-Schluchten-Damm.

Dennoch gilt der Pojang als ökologisch gefährdet. Der Kranichbestand sei innerhalb von drei Jahren von 4.000 auf 2.800 Vögel gesunken, sorgt sich der GNF. Grund dafür seien – neben der Wilderei – ungeklärte Abwässer, Düngemittel und Gifte, die den Nahrungsbestand im Wasser reduzierten und den Kranichen am Ende der Nahrungskette nicht genug Futter zum Überleben ließen. GEORG BLUME

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