: Es sind doch bloß Blumen
GUT GEMEINTES DENKMAL
Willy Hollatz (Grüne) ist Bürgermeister von Lilienthal und meint es gut mit der ortsansässigen Bildhauerin Ingeborg Ahner-Siese. Die 90-Jährige hatte es vor 30 Jahren gut gemeint mit den Müttern – und ihnen ein Denkmal gewidmet. Das wurde 1996 im Ortsteil Worphausen aufgestellt, und in den Jahren unmittelbar danach habe die Gemeinde die Figurengruppe zum Muttertag mit Blumen geschmückt, so die Künstlerin.
Der gute Hollatz lässt diese Tradition nun aufleben: am 9. 5. ehre er „den Muttertag mit Blumen am ‚Denkmal an die Mütter‘ in diesem Jahr besonders“. Warum – sagt er nicht. Er ist auch nicht erreichbar. Dabei drängen sich Fragen auf. Schließlich ist Muttertag seit seiner Einführung 1914 durch US-Präsident Woodrow Wilson ein problematischer Termin der Frauen-Funktionalisierung. Seine Erfinderin Anna Marie Jarvis opferte im Streit für seine Wiederabschaffung Vermögen und Gesundheit. Ja, mal kam sie sogar in Haft, weil sie eine Gebärfähigkeitsparty störte.
Ab 1922 auch in Deutschland eingeführt, griffen die Nazis das Fest begeistert auf. Die hätten sich wohl ebenso über Ahner-Sieses Plastik gefreut, auch, weil sie dem Stil ihres Lehrers Herbert Kubica so treu bleibt, der von ’33 bis ’45 in Bremen Kriegerdenkmale schuf. Vor allem aber treffen ihre inhaltlichen Überlegungen einen Nerv: Ihr ‚Denk-mal an die Mütter‘ habe sie bewusst dem Worphauser „Kriegerehrenmal“ gegenübergestellt, „so wäre eine gedankliche Verbindung geschaffen zwischen den (fürs Vaterland) gefallenen Männern und den allein gelassenen Müttern.“ Ja, „was der Mann an Opfern bringt, im Ringen seines Volkes, bringt die Frau an Opfern im Ringen um die Erhaltung dieses Volkes“, so hatte Adolf Hitler diese Sichtachse 1934 präfiguriert, was der Mann einsetze „an Heldenmut auf dem Schlachtfeld“, setze die Frau ein „in ewig geduldigem Leid und Ertragen“.
Nee, schon klar – das hatte uns die Künstlerin nicht sagen wollen. Ahner-Siese will gewiss nur das Gute, den Frieden und so. Aber manchmal erfassen KünstlerInnen nicht, welche Diskurse sie fortspinnen und welchen Gehalt sie gestalten – geschweige denn, wie peinlich das alles ist. Das aber kann auch Bügermeistern passieren. BES