: Streit um Schul-Entlassung
PÄDAGOGIK Nach dem Rausschmiss wegen Schulschwänzens fragen die Eltern einer inzwischen 18-jährigen Schülerin, warum sie nicht vorgewarnt wurden
Ziemlich empört hat vor zwei Wochen die Mutter der im September 18 Jahre alt gewordenen Schülerin Kyra D. reagiert, als sie einen an ihre Tochter gerichteten Brief der Schulbehörde öffnete: „Mit sofortiger Wirkung werden sie aus dem Alexander-von-Humboldt-Gymnasium entlassen“, hieß es da im ersten Satz. Begründung: Die Schülerin hat seit Monaten unzählige Stunden gefehlt, schon in ihrem letzten Zeugnis hatte sie in Mathe und Englisch null Punkte und in Deutsch ein „nb“ – für „nicht bewertbar“.
Die Eltern, so die Mutter, fielen aus allen Wolken. Zwar hatte ihre Tochter in der Mittelstufe einmal eine Phase gehabt, in der ihr Schulbesuch problematisch war, aber in den letzten Monaten vor diesem Brief hatten sie davon nichts bemerkt. Der Vater habe sie morgens im Auto ein Stück auf seinem Weg zur Arbeit mitgenommen und war davon ausgegangen, dass sie zur Schule geht.
Sie habe den Eindruck, schreibt die Mutter an die Schule, „dass Sie gar kein Interesse an einer dieser verfahrenen Geschichte gebührenden Sorgfalt hatten, sondern diese unbequeme Schülerin nur möglichst schnell loswerden wollten. Eine Benachrichtigung der partiell noch Erziehungsberechtigten wäre dabei nur hinderlich gewesen“. Die Tochter schwöre jedenfalls „Bein und Stein“, dass kein Gespräch in den vergangenen Wochen mit ihr stattgefunden habe. Auch eine Einladung zur Klassenkonferenz am 4. 11. habe sie nicht erhalten. Die Mutter: „Es ist für mich unerklärlich, dass von Seiten der Schule niemals Informationen zu uns durchdrangen. Es wäre Ihre Pflicht gewesen, uns aufzuklären.“
Die Schule konnte der empörten Mutter daraufhin einen Brief an die Eltern vom 15. 4. und einen vom 22. 4. 2010 vorweisen, in dem ein förmlicher „Verweis“ erteilt worden war – mit dem Hinweis, der erfolgreiche Abschluss der Schule sei gefährdet. Eine „Verhaltensvereinbarung“ lag bei, die hatte die Schülerin aber nie unterschrieben. Die Schule schickte auch eine „Zweitausfertigung“ des Zwischenzeugnisses.
Der Oberstufenleiter meinte gegenüber der taz, dass man sich in der Schule nicht habe vorstellen können, dass Eltern über Monate nicht mitbekommen, dass ihre Tochter nicht die Schule besucht. Offenbar habe es da keinerlei Gespräch gegeben. Insgesamt, so der Oberstufenleiter, habe man sich „viele Stunden“ um diese Schülerin gekümmert und am Ende „keine Chance“ mehr gesehen, sie zu einem ordentlichen Schulbesuch zu bewegen. Psychologische Hilfe zu organisieren falle nur in die Kompetenz der Erziehungsberechtigten. Und einen Sozialarbeiter, der die Aufgabe und die Zeit habe, sich sich speziell um SchülerInnen mit Problemen zu kümmern, habe die Schule – leider – nicht mehr. kawe