WAHLEN IN IRAN: AHMADINEDSCHADS POPULISMUS VERLIERT AN WIRKUNG : Erfolg der Zivilgesellschaft
Wahlen im islamischen Gottesstaat Iran sind eine Farce. Denn das Volk darf nur jene Kandidaten wählen, die Wächterrat oder Innenministerium für geeignet halten. Dennoch lassen sich aus den Wahlen bestimmte Schlussfolgerungen über die politische Atmosphäre im Lande treffen.
Überraschend bei den Wahlen am vergangenen Freitag war zunächst, wenn man den Angaben des Innenministeriums Glauben schenken darf, die hohe Wahlbeteiligung: 63 Prozent. Das deutet vor allem darauf, dass die Wähler durchaus noch auf eine Veränderung der Lage hoffen – trotz all der Repressionen von Präsident Ahmadinedschad und der bedrückenden politischen Atmosphäre. Die sich häufenden Streiks der Arbeiter, die Demonstrationen der Studenten in den vergangenen Wochen und der Widerstand von Journalisten, Künstlern, Schriftsteller zeigen zudem, dass die iranische Zivilgesellschaft noch existiert. Es scheint, dass viele Iraner die Enttäuschung über die Reformer und den Schock über die umfassende Macht der Radikalislamisten überwinden.
Das Wahlergebnis bedeutet außerdem eine saftige Ohrfeige für Ahmadinedschad und die Radikalislamisten, die sowohl bei der Wahl der Expertenversammlung als auch bei den Kommunalwahlen eine herbe Niederlage erlitten haben. Die Mehrheit der Wähler hat zwar, unterstützt von den Reformern, den angeblich moderaten Konservativen den Vorzug gegeben und einen Mann wie den korrupten Exstaatspräsidenten Haschemi Rafsandschani an die Spitze der Expertenversammlung gesetzt. Aber bei den Kommunalwahlen haben eine ganze Reihe von liberalen Kandidaten, darunter auch einige Frauen, den Sieg davon getragen.
Schließlich lässt sich aus den Wahlen schlussfolgern, dass der Populismus Ahmadinedschads an Wirkung verliert. Er hat es zwar vermocht durch Attacken gegen die USA und Israel eine Zeit lang von den brennenden Problemen des Landes abzulenken. Doch: Immer mehr Menschen im Land, insbesondere die Armen merken, dass die Ankündigung, soziale Gerechtigkeit walten zu lassen, nichts als eine hohle Parole war. BAHMAN NIRUMAND