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Archiv-Artikel

„Alle wollten den schwulen Polizisten sehen“

QUEER Lesbische und schwule Ordnungshüter aus Europa treffen sich zu Konferenz in Berlin

Wer auch immer dieses Ding einmal getragen hat, er wäre wohl entsetzt, wüsste er, dass heute homosexuelle Menschen darunter sitzen und das ganz normal ist. Aber der Raum, in dem der Verein lesbischer und schwuler Polizeibediensteter (VelsPol) am Mittwoch seine Pressekonferenz abhält, gehört nun mal zur Polizeihistorischen Sammlung Berlins – und die Standarte an der Wand, mit Preußenflagge, Adler und „Schutzpolizei Berlin“ in Fraktur, ist eine ironische Fußnote aus früheren Tagen.

Die KollegInnen von VelsPol sind ein bisschen stolz, denn am Donnerstag und Freitag richten sie die 7. EGPA-Konferenz aus, den Kongress der European Gay Police Association, zu dem TeilnehmerInnen aus 13 Staaten erwartet werden – von den GayCops aus Österreich bis zur G-Force aus Irland. Die Organisationen berichten über jüngste Entwicklungen, es gibt Referate zu Themen wie Homophobie und Transidentität, und auch die Ansprechstellen für gleichgeschlechtliche Lebensweisen bei der Berliner Polizei und Staatsanwaltschaft präsentieren sich.

Abwesend: Osteuropa

Bezeichnenderweise steht Osteuropa als Thema im Fokus, aber osteuropäische Delegationen fehlen vollständig. Nur aus Slowenien wollte eine Gruppe anreisen, so VelsPol-Sprecher Lutz Lorenz, dann sei aber das Hochwasser dazwischengekommen. Tatsächlich endet die Akzeptanz queerer Lebensweisen bei Ordnungshütern 50 Kilometer östlich von Berlin. In Polen sei es noch völlig undenkbar, sich im Polizeidienst zu outen, sagt der VelsPol-Bundesvorsitzende Thomas Ulmer, der 2013 am Warschauer CSD teilnahm und von den dortigen Kollegen in Uniform nach dem Ende der Parade „mit ziemlich rüdem Ton von der Straße gefegt“ wurde. Ein interessanter Perspektivwechsel.

Die Perspektive der Opfer von Homophobie kennt Ulmer aber auch aus Deutschland: Einmal, so der Schwabe, sei sein Auto vor einer Szenedisco aufgebrochen worden. Als er das auf der örtlichen Wache anzeigte, bekamen alle mit, dass auch er Polizist ist. „Auf einmal hatte jeder irgendwas in dem Raum zu erledigen, wo ich saß. Die wollten alle den schwulen Kollegen sehen.“

Marco Klingberg von VelsPol Berlin-Brandenburg erklärt, dass er auf der CSD-Parade am Samstag eine Dienstanweisung missachten werde: Während die KollegInnen aus Berlin, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und Baden-Württemberg dort Uniform tragen dürfen, dürfen die Brandenburger das nicht. Begründung des Innenministeriums: Außenstehende könnten das für ein Kostüm halten, so etwas schade dem Ansehen der Behörde. Indem er trotzdem in Uniform marschiert, will Klingberg eine Grundsatzdebatte provozieren. CLAUDIUS PRÖSSER