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Archiv-Artikel

„Die wollen Spaß am Fußball“

FERIENCAMP Das Hamburger Ferien- Fußball-Camp bietet Kindern verschiedene Formen von Bewegung und gesundes Essen –und das für wenig Geld. Auch wenn schon ein heutiger HSV-Profi in seiner Kindheit teilgenommen hat: Es geht vor allem um Spaß, nicht um Leistung

Klaus Westphal

■ 47, ist erster Vorsitzender des Ferien Fußball Camp e.V. Der Vater von drei Kindern hat es mit dem VfL 93 Hamburg zum Verbandsliga-Meister gebracht. Westphal arbeitet als Schulbegleiter in einer Sonderschule. Dort betreut er einen behinderten Jugendlichen. Seit 2008 ist er Mitglied im Bund Deutscher Fußball-Lehrer (BDFL).

INTERVIEW CHRISTIAN GÖRTZEN

taz: Herr Westphal, Sie veranstalten in Hamburg das Ferien- Fußball-Camp. Spüren Sie schon den WM-Effekt?

Die WM ist natürlich top für die Kinder. Wir haben vor zehn Jahren angefangen. Und da haben wir schon die Erfahrung gemacht, dass sich in jenen Jahren, in denen eine WM oder eine EM stattfindet, mehr Kinder für Fußball interessieren. Aber bei uns war das ja auch schon immer so, dass mehrere Sportarten in unserem Angebot integriert sind. Und da unterscheiden wir uns deutlich von den Fußballschulen des HSV und des FC St.Pauli.

Was bieten Sie denn noch an?

Bei uns gibt es Tanz – also moderne Sachen wie HipHop – unter Anleitung einer ausgebildeten Musical-Tänzerin, Kurse zur Selbstverteidigung, Schwimmen, Skateboardfahren oder Kanu-Paddeltouren durch die Alsterfleete. Ins Programm integriert sind täglich 150 Minuten qualitativ hochklassiges Fußballtraining von erfahrenen und ausgebildeten Trainern, ergänzt durch sportgerechte Vollverpflegung und Obst als Zwischenmahlzeit.

Wie viele Kinder sind bei Ihren Camps dabei?

Es ist immer so, dass die Gruppe in der ersten und letzten Woche der Sommerferien am größten ist. Dann sind es so 80 Kinder. In den Ferien im Frühjahr und im Herbst findet unser Camp in der Sporthalle der Stadtteilschule Stellingen statt.

In vielen Fußballschulen sind ehemalige Profis, häufig sogar Weltmeister, als Jugendtrainer tätig. Die gibt es bei Ihnen nicht. Ist es schwierig, ohne prominenten Namen Kinder für dieses Angebot zu gewinnen?

Wir haben uns über die Jahre hinweg einen ganz guten Ruf erworben. Und bei uns ist die Abwechslung das große Plus. Natürlich ist es so, dass die Kinder beim HSV und bei St. Pauli Trikots erhalten, und für viele ist dies sicherlich auch wichtig. Aber dann kostet die Teilnahme auch schon mal knapp 200 Euro die Woche. Wir machen das, was sich jeder leisten kann. Bei uns kostet es 80 Euro die Woche. Wir haben reiche Kinder, wir haben arme Kinder – es ist eine tolle Mischung.

Welche Vorbilder haben die Kleinen denn im Fußball?

Das ist derzeit natürlich durch die WM geprägt. Bei uns gibt es viele, die für Messi, Ronaldo oder auch für Thomas Müller schwärmen.

Über den Zeitraum von zehn Jahren betrachtet – ist es einfacher oder schwerer geworden, die Kinder für Sport und besonders Fußball zu gewinnen?

Am Anfang hatten wir eine Monopolstellung in Hamburg. Das hat sich geändert. Nun ist es so, dass auch durch die Schulen für uns eine Konkurrenz zu unserem Angebot entstanden ist. Der Hamburger Senat hat entschieden, dass jede Schule auch eine Ferienbetreuung anbieten muss.

Was kommt von Seiten der Schulen?

Es ist nicht so, dass jede Schule das Gleiche anbietet. Da gibt es dann auch externe Anbieter, die das für die Schulen umsetzen. Angeboten werden zum Beispiel Maltage oder Ausflüge.

Gab es schon mal unter den Jungs und Mädchen, die an Ihrem Ferien-Fußball-Camp teilgenommen haben, ein riesiges Talent, eine echte Granate?

Ja, Jonathan Tah. Vor zehn Jahren hat er einmal bei uns an einem Camp teilgenommen, und jetzt hat er beim HSV einen langfristigen Profivertrag. Das ist natürlich schon etwas Besonderes. Man hat natürlich auch ein paar Spieler dabei, bei denen man denkt, dass sie später im Hamburger Fußball mal eine gute Rolle spielen könnten. Da weiß man aber nicht, wie sich die Kinder im Laufe der Zeit entwickeln. Aber wir möchten ganz allgemein den Kindern Appetit auf Fußball und Sport machen. Und da geht es auch nicht darum, dass es wichtig ist, die neuesten bunten Fußballschuhe zu haben. Das versuchen wir zu vermitteln. Wir haben auch Kinder von Flüchtlingsfamilien bei uns, und die haben nichts. Die wollen Spaß am Fußball haben, und den haben sie.

Fußball-Ferien-Camp im Hamburger Stadtpark für Kinder im Alter von sechs bis 14 Jahren, in den Hamburger Sommerferien täglich 8 bis 17 Uhr. Anmeldung unter: www.ferien-fussball-camp-hamburg.de/anmeldung