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Archiv-Artikel

kabinenpredigt Glanz alter Zeiten

Um Marcelinho drehte sich bei Hertha BSC alles – egal ob er auf dem Spielfeld und auf nächtlichen Partys für Aufsehen sorgte oder dort in Brasilien, im selbst verlängerten Urlaub weilte. Zwar war Herthas einstiger Spielmacher im letzten Sommer längst zum türkischen Club Trabzonspor gewechselt, zwar trainiert er mittlerweile für seinem Bundesliga-Comeback beim VfL Wolfsburg – dennoch steht der Brasilianer auch in Berlin noch im Mittelpunkt.

Individuell hochbegabte Spieler sind rar in der Bundesliga. Deshalb entsteht da, wo ein Marcelinho spielt, schnell der SC, FC oder der SV Marcelinho. Nur der FC Bayern München, der sich gleich mehrere von dieser Sorte leisten kann, wird zum FC Hollywood.

Der frühere VfL Effenberg, der zwischenzeitlich wieder zum Provinzverein VfL Wolfsburg mutierte, hat in der Winterpause den Beschluss gefasst, sich für zweieinhalb Jahre Marcelinho auszuliefern. Bei Hertha betrachtet man das vermutlich mit einer gewissen Schadenfreude. Ist der Verein doch der Überzeugung, nun mit seinem bemühten Kollektiv besser zu fahren als mit den Unberechenbarkeiten ihres ehemaligen Superstars.

Die Berliner Medien aber sind ein wenig neidisch auf Wolfsburg. Als sich der Wechsel des Brasilianers von der Türkei nach Niedersachsen anbahnte, verortete die BZ starrköpfig ihre Marcelinho-Berichterstattung im Internet unter der Rubrik „Hertha“. Ausgiebig wurde dort über dessen Wohnungssuche in der Hauptstadt spekuliert. Wenigstens ein bisschen Marcelinho wollte man doch abbekommen. Eine Wolfsburger Vertragsklausel machte diese Hoffnung aber zunichte. Der Neuzugang muss im Umkreis von 35 Kilometern zu seiner Arbeitsstätte wohnen.

Immerhin findet wenigstens Marcelinhos Bundesliga-Comeback nächsten Samstag in Berlin statt. Wolfsburg spielt gegen die Hertha im Olympiastadion. Für eine gute Woche dürfen die hiesigen Gazetten das Thema Marcelinho auswalzen. Auch die taz bleibt am Ball und an Marcelinho dran. Versprochen.

Johannes Kopp