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Archiv-Artikel

„Wenn etwas gut ist, ist es gut“

Der deutsche Modemacher Bernhard Willhelm ist bekannt für seine schrill-bunten Kollektionen voller Popzitate. Jetzt hat der 34-Jährige sein Pariser Atelier verlassen, um am Deutschen Theater zu debütieren – als Kostümbildner zwischen Bühne und Catwalk

taz: Herr Willhelm, Sie gastieren gerade für die Inszenierung von Fassbinders „Die bitteren Tränen der Petra von Kant“ als Kostümbildner am Deutschen Theater. Wie kommt’s?

Bernhard Willhelm: So wie bei den meisten guten Projekten: durch Zufall. Eine Bekannte von mir aus Österreich, mit der ich in Antwerpen Mode studiert habe, ist mit Philipp Preuss, dem Regisseur, befreundet. Über sie haben wir uns kennen gelernt.

Sie arbeiten zum ersten Mal für die Bühne. Berührungsängste mit der Welt des Theaters hatten Sie keine?

Nein. Ich empfand es als Kompliment, als Designer gefragt zu werden. Außerdem ist das für mich mal eine ganz andere Arbeit. Im Modegeschäft herrscht ja immer dieser Sechsmonatsrhythmus von der Idee bis zum Catwalk. Ein Projekt wie dieses hilft mir, mit dem Kopf auch mal auszubrechen.

Sie profitieren also von dem Projekt. Profitiert auch das Stück? Anders gefragt: Bernhard Willhelm und Rainer Werner Fassbinder – wie passt das zusammen?

Hmm, weiß ich gar nicht. Komischerweise habe ich alle Filme von Fassbinder gesehen. Er ist einer der deutschen Regisseure, die mich am meisten beeindruckt haben. Weil er die Mentalität des Nachkriegsdeutschlands so getroffen hat, und auch, weil bei ihm die Frauenrollen so stark sind. Petra von Kant ist ja eine sehr starke Persönlichkeit. Und natürlich ist „Die bitteren Tränen der Petra von Kant“ ein Stück über Mode.

Wie sind Sie an die Arbeit herangegangen?

Ich habe eigentlich nichts speziell für die Inszenierung entworfen. Die Kostüme bestehen aus verschiedenen Kollektionen von mir. Ältere und neue. Zum Teil haben wir die aus dem Modemuseum in Antwerpen ausgeliehen. Und die Entwürfe, die die Hauptdarstellerinnen tragen, das ist meine neue Sommerkollektion, die jetzt im Sommer in die Läden kommt.

Wenn Yves Saint Laurent früher Kostüme für das Pariser Ballett entwarf, dann waren das spezielle Kreationen. Warum haben Sie nicht auch etwas Spezielles designt?

Das hat sich einfach so ergeben.

Und es passt trotzdem?

Ja, weil meine neue Sommerkollektion bayerisch inspiriert ist. Das passt auf den Punkt genau zu Fassbinder. Die Kollektion hat Karomuster und Trachtenelemente, das hätte man gar nicht besser erfinden können.

Sie meinen wirklich, Edelweiß und Acid-Smileys passen zu Petra von Kant?

Nein, zu ihr nicht. Sie trägt aber auch kein Edelweiß und keine Smileys. Ihre Tochter trägt die. Sie ist eher diejenige, die zum Rave geht.

Sie haben keine Angst, dass man Ihnen vorwerfen könnte, die Inszenierung nur als kostenlose Werbemaßnahme für Ihre neue Kollektion zu betrachten? Als Product Placement?

Ich habe mit Product Placement überhaupt kein Problem. Es spielt keine Rolle. Dadurch, dass etwas in einen neuen Kontext gebracht wird, wird es gerade spannend. Vanessa Beecroft lässt ihre Mädchen Gucci-Absätze tragen, und gerade dadurch schafft sie diese Ästhetik und wird fotografiert. Wenn etwas gut ist, ist es gut.

Identifizieren Sie sich eigentlich mit Petra von Kant, der erfolgreichen, aber zerrissenen Designerin?

Ja, das Stück hat natürlich auch etwas mit mir zu tun. Der Beruf des Modedesigners hat ja etwas sehr Zermürbendes. Es gibt immer wieder Zeiten, wo man alles hinschmeißen und alle anschreien möchte. Das wird in „Die bitteren Tränen der Petra von Kant“ ja sehr deutlich. In dem Stück kommt natürlich noch das Familiendrama hinzu. Aber ich sehe da eher den Kampf, mit dem ich auch jeden Tag beschäftigt bin.

Gehen die Parallelen so weit, dass auch Sie eine devote Haussklavin wie Irm Hermann haben, die Ihnen die neuen Kollektionen entwirft?

Nein. Aber damit sagt das Stück natürlich auch viel über das Modegeschäft aus. Eine Kollektion zu machen, das ist ja immer Teamwork. Nachher steht da allerdings nur der Name des Designers. Die Leute, die im Modegeschäft im Hintergrund arbeiten, bekommen nichts von dem Glamour ab, der angeblich da sein soll. Insofern ist „Die bitteren Tränen der Petra von Kant“ heute immer noch sehr aktuell. Und deswegen kann ich das auch sehr gut nachvollziehen.

Sie meinen, Sie als Modedesigner können es besser nachvollziehen, als es ein normaler Kostümbildner gekonnt hätte?

Ja, die meisten Kostümbildner haben von Mode ja keine Ahnung.

Gehen Sie eigentlich selbst öfters ins Theater?

Nein, eigentlich nie.

INTERVIEW: JAN KEDVES

Premiere morgen, 25. 1., 20.30 Uhr, Box und Bar im DT, Schumannstr. 13