: Darauf ist echt Fairlass
Die Deutschen versichern sich fleißig, aber nicht immer richtig. „Fairsicherungen“ helfen bei der Orientierung. Nachhaltige Anbieter berücksichtigen zudem soziale und ökologische Standards
VON KLAUS LEONARD
„Im Durchschnitt investiert jeder Bundesbürger pro Jahr fast 2.000 Euro in Versicherungen“, sagt Christian Grüner vom Fairsicherungsladen Wuppertal, einem Mitglied im Verbund der Fairsicherungsläden. So munter hierzulande auch versichert wird, geschieht es dennoch oft auf die falsche Weise. Verbraucherschützer bemängeln, dass viele Menschen nicht den Versicherungsschutz haben, den sie wirklich benötigen: Manches sei doppelt versichert, einiges überflüssig – anderes fehle. Von der Altersvorsorge über die Haftpflicht- bis zur Krankenversicherung locken Versicherungsunternehmen mit ganz individuellen Angeboten, angepasst an viele Eventualitäten des Lebens. Welche Versicherung wichtig ist, welche ein zusätzlicher Versicherungsschutz, den man sich leisten kann oder will, ist für Laien oft schwer zu beurteilen.
Der Verbund der Fairsicherungsläden, mit 28 Dependancen in der Republik vertreten, will seinen Kunden Orientierung zu geben. Dafür haben sie sich verpflichtet, einen Ehrenkodex einzuhalten, der acht Punkte umfasst. Darunter fällt auch die anbieterunabhängige Vermittlung von Angeboten. Grüner: „Wer sich immer noch von abhängigen Strukturen – Versicherungen, Banken etc. – beraten lässt, ist selber schuld.“ Auch andere warben bereits mit dem Label „fair“ – ohne dem „Fairbund e. V.“ anzugehören. „Aber ,fair‘ in Zusammenhang mit Versicherungen und Finanzen ist eine Marke“, betont Grüner. Wer diese Marke benutzt und nicht Mitglied im Fair e. V. ist, wird abgemahnt und muss eine Unterlassungserklärung unterschreiben. Doch auch andere Anbieter haben sich der Fairness verschrieben – und das nicht nur auf ihre Kunden bezogen.
„Soziale und ökologische Kriterien werden immer mehr Menschen bei ihren Geldanlagen wichtig“, sagt Ingo Scheulen, Vorsitzender des Beraternetzwerks ökofinanz-21. Der eingetragene Verein widmet sich nachhaltiger Vorsorge- und Vermögensberatung. Und da gibt es noch viel zu tun. „Bei Erhebungen, äußern sich 70 bis 80 Prozent der Befragten interessiert – aber nur wenige wissen, wo und wie sie entsprechende Angebote finden können.“ Fachleute debattieren schon seit Jahren angeregt über das Thema Ethik in der Wirtschaft. Auch Angebote für Privatanleger sind mittlerweile in größerer Auswahl vorhanden.
„Über 120 Investmentfonds, die den Anspruch erheben, soziale und Umweltbelange zu berücksichtigen, gibt es derzeit in Deutschland“, so Scheulen. Mit dem Angebot ist zwar auch die Nachfrage gewachsen: Im Jahr 2000 wurden hierzulande umgerechnet knapp 3 Milliarden Euro privat in nachhaltige Projekte investiert. Mittlerweile sind es rund 10 Milliarden. Doch aus der Nische sind die Anbieter damit noch nicht heraus: Insgesamt werden in Deutschland jährlich etwa fünf Billionen Euro privat investiert. Vor allem spezialisierte Berater wie Scheulen profitieren bislang vom Wachstum: „Vor gut fünf Jahren haben unsere Kunden zu 15 bis 20 Prozent nachhaltig investiert, heute sind es 90 Prozent.“ Der herkömmliche Markt für Kleinanleger sei in der Schweiz und Österreich schon weiter. Dort präsentierten sich auch die großen Bankhäuser selbstverständlicher mit nachhaltigen Angeboten. „In Deutschland hingegen“, so Scheulen, „wird dieser Bereich von den großen Häusern wie ein Nischenprodukt behandelt.“ Dabei ist nachhaltige Geldanlage keine Angelegenheit, die bloß aufs reine Gewissen abzielt: „Vor dem Hintergrund wirtschaftlicher Krisen stellen immer mehr Akteure fest, dass es Wirtschaftszweige und Unternehmen gibt, die beinahe unbeeindruckt ihren Wachstumskurs fortsetzen“, sagt Scheulen. „Das sind jene Unternehmen, die wirtschaftlichen Erfolg mit nachhaltiger Entwicklung verknüpfen, wie sie von der Agenda 21 definiert wird.“ Doch auch hier ist Vorsicht geboten: Etiketten wie „öko“ oder „nachhaltig“ sind nicht geschützt. Auf den Kriterienkatalog kommt es an, der bindend vorschreibt, wo Geld investiert wird – und wo nicht. So genannte „Negativkriterien“ schließen Unternehmen, die in bestimmten Bereichen oder mit bestimmten Produktionsweisen tätig sind, von vornherein aus. Dazu können gehören: Atomenergie, Rüstung, Gentechnik, Kinderarbeit. Dabei stellt sich die Frage nach der Reichweite: Gelten die Ausschlusskriterien nur für das Unternehmen selbst oder auch auf Tochtergesellschaften und verbundene Unternehmen? Viele ethisch-ökologische Fonds nehmen nur Firmen in ihr Portfolio auf, die bestimmte Mindeststandards erfüllen – die so genannten „Positivkriterien“. Dabei geht es unter anderem um die Einhaltung und Überwachung von Mindestsozialstandards. Der „Best in Class“-Ansatz hat wiederum folgende Kriterien: Unternehmen innerhalb einer Branche werden direkt miteinander verglichen und auf ihre Nachhaltigkeit überprüft. Die Besten jeder Branche werden aufgenommen. Mit Ausnahme der bereits durch Negativkriterien ausgeschlossenen Branchen sind also alle Branchen vertreten. Der Gegenentwurf ist die Auswahl der nachhaltigsten Unternehmen ohne Rücksicht auf die Branche.
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