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Archiv-Artikel

DAS DING, DAS KOMMT Ewige Suche

Ominöse KOFFER unbekannten Inhalts werden in Hannover und Hamburg versteigert

Von MATT
„Und, was ist nun in dem Koffer?“, wird der Protagonist am Ende gefragt – „Habe ich vergessen“

Was drin ist? Vollkommen egal. Hauptsache, sie setzen die Meute in Bewegung – und bringen die Handlung voran. Was das Besondere ist, an all den verschlossenen Koffern mit unbekanntem Inhalt, deren Besitzerwechsel in so vielen Filmen zu so vielen dramatischen Situationen führt, hat Alfred Hitchcock 1966 seinem Kollegen François Truffaut verraten: Der „MacGuffin“ sei das Fehlen des Besonderen, erklärte der Meister dieses dramaturgischen Kniffes. Er stehe nicht für die Beute, sondern für die ewige Jagd aller Schurken und aller Helden.

Sein gelungenster MacGuffin seien die „Regierungsgeheimnisse“ gewesenm, in „Der unsichtbare Dritte“: Das leerste und auf seinen reinen Ausdruck eingedampfte „plot device“, ein reines Nichts. Das schönste Denkmal hat dem ominösen Koffer wiederum John Frankenheimer mit seinem wüsten Actionfilm „Ronin“ gesetzt: Anderthalb Stunden hetzen Gangster und Geheimdienstler mit viel Schießerei und rasanten Verfolgungsjagden einem silbrigen Stück Aluminiumgepäck hinterher. „Und, was ist nun in dem Koffer?“, wird der Protagonist am Ende gefragt – Antwort: „Habe ich vergessen.“

Für den Philosophen Slavoj Žižek ist der MacGuffin deshalb das perfekte Beispiel für den „kleinen anderen“, das „Objekt klein a“ der Psychoanalyse des französischen Analytikers und Theoretikers Jacques Lacan: ein nie zu erreichendes Ding als und am „Grund des Begehrens“, „das die Leere des Zentrums unserer Sehnsüchte ausfüllt“.

Als solches lockt der verschlossene Koffer seit ein paar Jahren im Norden regelmäßig Sehnsüchtige an: Zum fünften Mal versteigert der Flughafen Hannover „Überraschungskoffer“, Gepäckstücke, die von Reisenden nie abgeholt wurden. Große Überraschungen finden sich darin zwar selten, aber immerhin: Eine Kettensäge war schon mal dabei.

Im Hamburger Seemannsheim kommt zur Sehnsucht noch die Seefahrerromantik: Zwischen 10 und 40 Koffer, die Seeleute hier abgegeben, aber auch nach zwei Jahren nicht abgeholt haben, kommen hier alle ein, zwei Jahre unter den Hammer, das nächste Mal Anfang August. Schrumpfköpfe oder Schatzkarten hat darin allerdings noch kein Meistbietender gefunden – sondern meist doch nur die schmutzige Wäsche von kleinen anderen.  MATT

■ Koffer- und Fundstückauktion: Sa, 19. 7., 10 Uhr, Hannover Airport, Terminal C Versteigerung von Seemannskoffern: Mi, 6. 8., 14 Uhr, Hamburg, Seemannsheim