: Mix it, Baby
DRINKS Smoothies machen satt, lassen sich schnell herstellen und sind gesund. Bei der Kombination der Zutaten sind der kulinarischen Fantasie keine Grenzen gesetzt. Sie sollten frisch und ohne Zucker zubereitet werden
■ Till the Cows come home: Das Pop-up-Café ist noch bis Ende des Jahres an diesem Standort, dann zieht es weiter. Schönhauser Allee 9 (Mitte), www.ttcch.de
■ Funk you Food: Veganes Café, auf dessen Karte auch Superfood-Smoothies mit Bienenpollen oder Spirulina stehen. Gärtnerstraße 21 (Friedrichshain), www.funkyoufood.com
■ Grüne Smoothies: Jeden Donnerstag von 16 bis 19 Uhr können Kunden dort an einer Verkostung und Mixerberatung teilnehmen. Urbanstraße 177 a (Kreuzberg), www.gruenesmoothies.de
■ Wild.Kräuter: Kleines Familienunternehmen, das Smoothies, Säfte und Essenzen aus frisch gepflückten Wildkräutern herstellt. Der Onlineshop liefert berlinweit. Rosengasse 9, 17268 Gerswalde, www.wild-kraeuter.com (us)
VON ULRIKE SCHATTENMANN
Ein mannshoher Aluminium-Container klebt an einer Brandmauer, davor Holztische, Kräutertöpfe und sechs Biokisten voll Gemüse. Wer hier sitzt, hört den Verkehr vorbeirauschen und spürt die U-Bahn unter seinen Füßen. Bei Till the Cows come home, kurz TTCCH, sind nicht nur Standort und Name besonders, sondern auch das Angebot: Ein Mix aus makrobiotischer und Veggie-Küche mit frischen, naturbelassenen Zutaten, kreativ kombiniert.
Insbesondere die frisch gepressten und gemixten Getränke sind kleine Gourmetstücke. Pürierte weiße Zucchini trifft hier auf Mandelmilch, Basilikum und Honig, Ananas wandert mit Feigen, Zitronensaft und Cashewnüssen in den Mixer. „Smoothies sind keine Durstlöscher, sondern flüssige Nahrung“, sagt Natalie Viaux, die das provisorische Container-Café auf der Schönhauser Allee betreibt.
Smoothies – sofern sie frisch und ohne Zucker zubereitet werden – sind so etwas wie die perfekte Mahlzeit für zeitnotgeplagte Großstädter. Im Gegensatz zum Saft wird hier die gesamte Frucht püriert, sodass die Ballaststoffe und Fasern erhalten bleiben. Smoothies machen satt, lassen sich schnell herstellen und sind gesund. Bei der Kombination der Zutaten sind der kulinarischen Fantasie keine Grenzen gesetzt.
Im TTCCH kommen neben frischem Obst, Nüssen, Gewürzen und Milch auch Kräuter aus der ayurvedischen Pflanzenheilkunde zum Einsatz. Ashwaghanda etwa, ein Pflänzchen, das ähnlich wie Ginseng wirkt. Oder Brahmi-Blätter, die die Gedächtnisleistung fördern sollen. Viaux kombiniert es mit Erdbeeren, Datteln und einer halben ausgekratzten Vanilleschote. „Wir gucken, dass die Inhaltsstoffe ausgewogen sind. Die Gäste gucken, was ihnen schmeckt“, sagt die gebürtige Französin.
Dieses Konzept ist idealtypisch für eine Entwicklung, die in der Gastro- und Ernährungsszene immer wichtiger wird: sich ausgewogen ernähren, ohne dabei Abstriche beim Genuss zu machen. Oder, wie die Ernährungsexpertin und Trendforscherin Hanni Rützler in ihrem Foodreport 2015 schreibt: „Gesundes Essen wird sexy.“ In Zukunft werde es immer mehr Angebote und Produktentwicklungen geben, die auf das neue Gesundheitsverständnis kulinarisch anspruchsvoller Konsumenten eingehen.
So wie die neuen Mixgetränke: Kalorienbomben mit viel Eiscreme, künstlichem Sirup und Sahnehaube sind passé. Heute trinkt man Shakes und Smoothies möglichst natürlich, möglichst roh, vielleicht noch mit einem Schuss Mandel- oder Hanfsamenmilch, aber vor allem: mit ganz viel Grünzeug.
Bei Imke Bartels wandern neben Melonen, Mangos, Birnen und Bananen auch Blätter in den Mixer. Portulak und Petersilie, Löwenzahn, Wirsing oder Brennnessel, aber auch die jungen Spitzen von Birke oder Fichten. „Wir nehmen viel zu wenig Blattgrün auf, dabei ist es so gesund“, erklärt Bartels. Das Chlorophyll und die Bitterstoffe in den grünen Pflanzen mobilisieren Abwehrkräfte, unterstützen die Verdauung und sollen sogar Antiaging-Wirkung haben. Kein Wunder, dass Stars wie Miranda Kerr und Drew Barrymore auf die grünen Schönheitsdrinks schwören. „Man fühlt sich vitaler und fitter, ganz so, als hätte man eine Portion mehr Sauerstoff im Blut“, beschreibt Bartels den Effekt von grünen Smoothies. Eine Hälfte Grünzeug, eine Hälfte Obst und etwas Wasser – das ist die ideale Mischung. Wer es süßer mag, kann den Obstanteil etwas erhöhen. Auf Salz, Öle, Milch- und Fertigprodukte sollte man in seinem grünen Smoothie verzichten, „das hemmt die reibungslose Aufnahme der Nährstoffe“, sagt Bartels.
Die gelernte Designerin, die sich gerade zur Heilpraktikerin weiterbildet, berät nebenberuflich Interessierte und Einsteiger rund ums Thema; inzwischen schicken bereits die Ärzte in ihrer Nachbarschaft Patienten vorbei, die ihre Ernährungsgewohnheiten umstellen sollen, erzählt sie. Zudem ist, wie so oft bei Küchentrends, rund um die grünen Smoothies auch ein Geschäftszweig mit einer Fülle an Produkten, Büchern und Equipment entstanden.
Bartels hat eine ganze Riege Hochleistungsmixer in ihrer Küche stehen. Deren Messer rotieren 30.000-mal pro Minute und zerkleinern so Obstschalen, Kerne und Pflanzenfasern in mikroskopisch kleine Teilchen. Damit sind die grünen Bestandteile leichter verdaulich und fast unspürbar auf der Zunge. Diese Hightechgeräte sind allerdings ziemlich teuer, zwischen 300 und 600 Euro muss man dafür hinlegen.
Um auf den Geschmack zu kommen, reicht auch erst mal ein herkömmliches Haushaltsgerät, sagt Bartels. Sie drückt auf den Knopf, lässt den Turbomixer aufheulen und serviert zwei Minuten später die verflüssigte Kräuter-Obst-Mischung. Tiefgrün, schaumig, viel weniger herb als erwartet. Schmeckt nach mehr.
■ Stiftung Warentest: „Smoothies, Shakes & Powerdrinks – 180 Ideen für mehr Spaß im Glas“, 16,90 Euro. Gabriele Bräutigam: „Wilde grüne Smoothies, 50 Wildkräuter – 50 Rezepte, Vegan & Köstlich“. 18,90 Euro