Jagen Sie Hans Ottomann! Eine Fatwa Von Wiglaf Droste

„Die Wahrheit triumphiert nie – ihre Gegner sterben nur aus“, schrieb Max Planck. Wie furchtbar er irrte, zeigt die bloße Existenz eines Vierteljahresmagazins mit dem komisch klingenden, aber mitleidlos ernstgemeinten Titel Mensch & Büro – ein Heft, das man für 17 Mark kaufen oder für geschenkt in der Bahn lesen kann.

„Lampen, Leuchten, Lichtgestalten“, alliteriert es zwanghaft auf dem Titel der Sommerausgabe (3/98), und mindestens eins dieser drei großen Ls wäre auch Hans Ottomann gerne, Chefredakteur der Zeitschrift. Im Editorial seines Blattes schreibt Ottomann seltsamerweise aber nichts über Leuchtstoffe oder Familie Flötotto, sondern, unter der kämpferischen Überschrift „Virtuell lieben? Niemals!“ einen Besinnungsaufsatz über Gegenwart und Zukunft des Menschengeschlechts. Hierbei zeigt sich Ottomann von zweierlei Panik durchdrungen, ja beherrscht: von der, betrachtet man sein in den Text eingeklinktes Foto, wahrscheinlich nicht ganz unberechtigten Furcht, seinen Schwanz nie wieder real in eine Frau hineinpömpeln zu können, sondern allenfalls noch virtuell, und von der Angst, mit seinem Auto nicht herumknattern zu können, wie und wo ihm das gefällt. Als Projektionsfläche seiner Alpträume von einer Welt, in der Hans Ottomann abgemeldet ist, hat sich Ottomann den grünen Politiker Trittin auserkoren:

„Man stelle sich vor, im Falle einer grünen Regierungsbeteiligung sorgt Jürgen Trittin, der nie ein Auto besaß denn fuhr, für die Mutation deutscher Städte zu Paradiesen für brummkreiselspielende oder inlineskatende Kinder (Brummkreisel spielt heute kein Kind mehr, höchstens nintendo- verbrämt). Wer mit dem ökoschändlichen, eigenen Vehikel kommt, muß fürs Parken büßen und ein Vermögen berappen, und beim geringsten Verstoß (fünf Minuten länger parken, eine weiße Linie streifen, einen Radler schneiden, drei Stundenkilometer schneller fahren...) wird er kostenpflichtig massiv und auf deutsche Art penibel abgestraft.“

„Als ich das las, wurde mir schlecht vor Wut“, heißt es in Hannes Waders „Tankerkönig“; genauso ging es mir bei der Lektüre von Hans Ottomanns wirrem, breiigem und hysterischem Denunziantentraktat. Dabei hege ich nicht einmal größere Sympathien für Jürgen Trittin; er gehört zu den Leuten, die „nach dem Motto“ sagen, und das ist ein starkes Indiz für Insuffizienz und Bewußtlosigkeit zwischen den Ohren. Immerhin aber – man freut sich ja schon über Kleinigkeiten – sagt Jürgen Trittin hin und wieder ein paar richtige Dinge, und das sogar im Wahlkampf, wo seine Berufskollegen dem strafvollzugsgierigen, kriegslüsternen und autoversessenen deutschen Volkskörper nahezu ausnahmslos an der Pupe nuckeln.

Hans Ottomann aber, weil man ihm sein Grundrecht, andere Leute totzufahren, vielleicht ein winziges Bißchen einschränken will, wähnt sich ausgerechnet in Autofahrerdeutschland „auf deutsche Art penibel abgestraft“? Das kann er haben. Da Hans Ottomann es geschafft hat, kraft seiner Kompetenz den lange diskreditierten Fachterminus Untermensch & Büro wieder ins Recht zu setzen und mit Leben zu füllen, ergeht hiermit folgende Fatwa: Jagen Sie Hans Ottomann! (Weitere Willkürmaßnahmen folgen. Achten Sie auf Anweisungen.)