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Archiv-Artikel

Massengrab Mittelmeer

FLÜCHTLINGE Amnesty will Luftbrücke nach Libyen

ROM taz | Noch steht nicht fest, wie hoch die Zahl der Opfer ist. Aber die Retter befürchten, dass bei dem Schiffsunglück, das sich in der Nacht zum Mittwoch 70 Kilometer vor Lampedusa ereignete, 250 Menschen ertrunken sind. Nur 51 Passagiere konnten lebend geborgen werden.

Fest steht mittlerweile, dass das Boot von der libyschen Küste abgelegt hat. An Bord waren Schwarzafrikaner aus Eritrea, Somalia, Äthiopien, dem Sudan und Nigeria, unter ihnen etwa 40 Frauen und zahlreiche Kinder – Menschen, die oft doppelt Kriegsflüchtlinge sind: Erst mussten sie aus ihren Heimatländern fliehen und jetzt aus Libyen. Nach den Aussagen der Überlebenden soll das Fischerboot nur 13 Meter lang gewesen sein. Außerdem hätten sie schon Stunden vor dem Kentern erste Notrufe nach Malta abgesetzt. In den italienischen Medien wurde die Vermutung geäußert, dass die maltesischen Behörden die Gefahr unterschätzt hätten. Es waren dann italienische Patrouillenschiffe und ein Fischkutter, die dem in Seenot geratenen Boot zu Hilfe eilten, dessen Kentern sie aber nicht mehr verhindern konnten.

Die Generalsekretärin von Amnesty International Deutschland, Monika Lüke, fordert angesichts dieser Tragödie eine Luftbrücke zur Versorgung der Flüchtlinge in Libyen mit Nahrung und Medikamenten. Der Europäischen Union warf sie vor, „trotz der akuten Krise in der arabischen Welt in der Flüchtlingspolitik nichts gelernt“ zu haben. Die EU halte es weiter mit Abschottung statt mit Humanität.

Unterdessen lieferte der italienische Innenminister Roberto Maroni am Donnerstag vor dem Abgeordnetenhaus präzise Zahlen: Seit Jahresbeginn sind in Italien bei 390 Bootsanlandungen 25.867 Menschen aus Nordafrika eingetroffen, die meisten davon Tunesier. Allen denen, die bis jetzt ankamen und die keinen Asylantrag gestellt haben, will Italien eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen ausstellen, mit dem erklärten Ziel, so Maroni, ihnen zu ermöglichen, „in ein anderes europäisches Land zu gehen“.

Zugleich erklärte Maroni, dass mit weiterem Zustrom von Menschen aus den subsaharianischen Ländern zu rechnen sei – mit „Menschen, die vor Kriegen und schrecklichen Lebensbedingungen“ flüchteten und die Anrecht auf einen Flüchtlingsstatus hätten. Erneut forderte er eine gemeinsame europäische Reaktion. Europa dürfe die Mittelmeer-Anrainerstaaten nicht „alleinlassen“. MICHAEL BRAUN