: Gut bewachte Bombenbauer
ANSCHLAG Mit über 120 Beamten hat das Bundeskriminalamt seit November 2010 die „Düsseldorfer Zelle“ und ihren Bau einer Splitterbombe verfolgt, Anschlagsziel war möglicherweise ein Bus oder eine Bushaltestelle
ZIERCKE ÜBER ABDELADIM EL-K.
AUS KARLSRUHE CHRISTIAN RATH
Die Medien sprechen inzwischen von der „Düsseldorfer Zelle“. Abdeladim El-K. (29), Jamil S. (31) und Amid C. (19) sollen gemeinsam einen Sprengstoffanschlag in Deutschland geplant haben. Sie sollen ihren Auftrag von einem „hochrangigen Al-Qaida-Mitglied“ erhalten haben, erklärten Bundesanwalt Rainer Griesbaum und BKA-Chef Jörg Ziercke am Samstag bei einer Pressekonferenz in Karlsruhe.
Als Hauptbeschuldigter gilt der Marokkaner Abdeladim El-K.. Er soll im Frühjahr 2010 ein Terrorlager in Pakistan besucht haben. Dort habe ihn die al-Qaida beauftragt, einen Anschlag in Deutschland durchzuführen, wo El-K. vorher schon als Student gelebt hatte. Nach seiner Rückkehr nahm er Kontakt zu S. und C. auf, die er schon vorher kennen gelernt hatte. C., der kurz vor dem Abitur stand, war für die verschlüsselte und konspirative Kommunikation der Gruppe zuständig. S., der als Elektroinstallateur für Zeitarbeitsfirmen arbeitete und als einziger Geld verdiente, finanzierte das Vorhaben. Auch sollte er gefälschte Papiere für El-K. besorgen.
Seit November 2010 wurde die Gruppe vom BKA überwacht. Wie man genau auf El-K. und seine Zelle aufmerksam geworden war, wollten Ziercke und Griesbaum nicht sagen. Es habe „verschiedene Hinweisstränge“ gegeben. Von da an wurden die drei jedenfalls rund um die Uhr vom BKA und dem nordrhein-westfälischen Landeskriminalamt überwacht. Permanent waren 50 Leute in Observationstrupps und weitere 76 Beamten für sonstige Überwachungsmaßnahmen im Einsatz. Dabei wurden Wohnungen und Telefone abgehört und E-Mails mitgelesen. Auf Computern wurde Spähsoftware installiert und verschlüsselte Internet-Telefonate wurden schon im Computer, also vor der Verschlüsselung (mittels Quellen-TKÜ), erfasst.
Das BKA nutzte also wohl erstmals in diesem Umfang sein neues Instrumentarium für die Gefahrenabwehr, das ihm seit Anfang 2009 zur Verfügung steht. Bis dahin waren die Landespolizeien für die Gefahrenabwehr zuständig. Was die Online-Durchsuchung konkret erbracht hat, wollte Ziercke aber nicht sagen. Das werde noch ausgewertet.
Die Ermittler hatten den Eindruck, dass El-K. mit großem Engagement bei der Sache war. „Da war keine normale Lebensführung, keine Arbeit, keine Hobbys“, berichtete Ziercke. Das Verhalten der Gruppe sei vielmehr hochkonspirativ gewesen. Nach BKA-Erkenntnissen wurde der Bau einer Bombe mit Metallteilen erwogen. Wo diese Splitterbombe eingesetzt werden sollte, stand aber noch nicht fest.
In den letzten Tagen spitzte sich die Lage dann zu. In einer Düsseldorfer Wohnung versuchten El-K. und S. aus Grillanzündern Hexamin zu gewinnen, das sie mit Wasserstoffperoxid und Zitronensäure mischen wollten, um so den „Zünder für eine Bombe“ herzustellen. Den Ermittlern wurde mulmig. Immerhin lag das Mietshaus, in dem die Arbeiten stattfanden, in einem Wohngebiet. Außerdem konnte die Polizei am Dienstag über eine Wanze mithören, wie die Islamisten feststellten, das Bauen eines Zünders sei deutlich schwieriger, als die Herstellung der eigentlichen Bombe. Daraus schlossen die Beamten, dass möglicherweise schon sprengfähiges Material vorhanden sein könnte.
Am Mittwoch wurde über mögliche Angriffsziele gesprochen, etwa einen Bus oder eine Bushaltestelle. Am Donnerstag schließlich freuten sich die angehenden Terroristen über den Anschlag auf ein Café in Marrakesch. Die drei hatten damit zwar nichts zu tun, jedoch befürchteten die Ermittler, dass dies zu einer „Euphorisierung“ der Gruppe beitragen könnte. „Bevor da etwas aus dem Ruder läuft“, so Ziercke, beschloss die Polizei, zuzugreifen. Am Freitag durchsuchten 108 Beamten von BKA und GSG 9 die Wohnungen und nahm die drei Verdächtigen fest.
Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) forderte am Wochenende erneut eine Verlängerung des Terrorbekämpfungsgesetzes, das Anfang 2012 ausläuft. Das Gesetz gibt den Geheimdiensten erweiterte Auskunftsrechte.