: Die perfekte Firma
KINDHEITSMUSTER Im KaDeWe wird das 250-jährige Firmenjubiläum von Faber-Castell, dem weltweit größten Hersteller von Blei- und Farbstiften, gefeiert
Schon außen ist zu sehen, was innen vor sich geht. Denn über die gesamte Schaufensterfront des KaDeWe zur Tauentzienstraße hin sind die Schreibgeräte der Firma Faber-Castell aufwändig inszeniert. Doch diese prachtvolle Präsentation ist nur ein matter Abglanz der Displays im Foyer des Warenhauses, wo wir in ein atemberaubendes Bunt eintauchen – das überwältigende Bunt der vielen, vielen Malstifte, die die ganze Herrlichkeit unserer Kindheit waren. Fast möchte man sagen: Endlich sind wir wieder zu Hause.
Fast. Denn natürlich lockt die Sonderausstellung auch mit all den exklusiven Schreibgeräten und Accessoires aus Leder, Edelstahl und Edelhölzern, die man heute haben muss, um am Markt als Premiummarke zu bestehen. Das Kind in uns fremdelt da ein wenig, in dieser Welt des Luxus und der Moden. Draußen, vor der Tür, in den Schaufenstern, wird dieser Aufwand aber glücklich durch die Arbeiten bekannter Künstler konterkariert, die zeigen, was mit den simplen, wunderbaren holzgefassten Stiften wirklich anzustellen ist. Hier findet sich dann auch das perfekte Testimonial für das Unternehmen, das den „Perfekten Bleistift“ herstellt. In einem Brief an seinen Freund Anthon van Rappard schreibt 1883 kein anderer als Vincent van Gogh: „Ich wollte Dir noch erzählen von einer Sorte von Bleistiften von Faber, die ich gefunden habe. Sie sind von dieser Dicke; sehr weich und von besserer Qualität als die Zimmermannsbleistifte, geben ein famoses Schwarz und man arbeitet damit sehr angenehm bei große Studien.“
Zu diesem Zeitpunkt war der 1761 vom Schreiner Kaspar Faber in Stein bei Nürnberg gegründete Handwerksbetrieb zur Herstellung von Bleistiften längst zu einem Weltunternehmen herangewachsen. Das Verdienst kommt Lothar Freiherr von Faber zu, der 1839 als 22-Jähriger den väterlichen Betrieb übernimmt und schon alle modernen, bis heute gültigen Produktions- und Marketinginstrumente zum Einsatz bringt. Er kreiert mit A.W. Faber (wie die Firma seit Anton Wilhelm Faber (1730–1784) hieß) den ersten Markenbleistift, und im Zusatz „fabrique fondée en 1761“ nutzt er das frühe Gründungsjahr schon als Werbeargument. Er macht sich von den Zwischenhändlern frei und gründet 1849 eine Verkaufsgesellschaft in New York. Und schon 1844 richtet Lothar Faber eine Betriebskrankenkasse, wenig später eine Arbeitersparkasse sowie einen Pensionsfonds und – man horche auf – einen der ersten Betriebskindergärten Deutschlands ein.
Diese und weitere Informationen zur Unternehmensgeschichte sind in zwei großen Vitrinen eingestreut zwischen die von Anfang an stets sorgsamst gestalteten Werbematerialien, Schachteln und Schutzhüllen der Stifte. Über diese Memorabilien ist das Kind in uns natürlich wieder hocherfreut. Und den erwachsenen Konsumenten freut es, dass der „Perfekte Bleistift“ – der grüne, berühmte, mit dem Radiergummi am Ende, der nun eine Schutzkappe trägt, die einen Bleistiftspitzer in sich birgt – aus der perfekten Firma stammt.
Denn das heute in 120 Ländern vertretene Industrieunternehmen mit Produktionsstätten in weltweit 10 Ländern hat im Jahr 2000 eine Sozialcharta unterzeichnet, die das Verbot von Kinderarbeit beinhaltet und die Gleichbehandlung ungeachtet von Rasse, Religion, Geschlecht und Nationalität vorschreibt sowie sichere und hygienische Arbeitsbedingungen, Mindestlöhne, Vereinigungsfreiheit und keine überlangen Arbeitszeiten garantiert.
Eine Vorreiterrolle spielt das 250 Jahre alte Unternehmen auch in Sachen Ökobilanz. Die firmeneigenen Wälder und Aufforstungsprogramme in Brasilien, in denen 55 Säugetier-, 232 Vogel- und 55 Reptilienarten beheimatet sind, sind ausreichend, um den CO2-Ausstoß aller Fertigungsstandorte zu kompensieren.
BRIGITTE WERNEBURG
■ Bis 28. Mai, KaDeWe, 250 Jahre Faber-Castell, Tauentzienstraße 21–24, tägl. 10–20 Uhr