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Archiv-Artikel

Minen-Machtkampf erschüttert Kongo

Wenige Tage nach der Amtseinführung von Kongos neuer Regierung sollte der Chef des größten staatlichen Bergbaukonzerns, Paul Fortin, ohne Wissen der Regierung entlassen werden. Fortin will ungerechte Bergbauverträge in Katanga neu verhandeln

von FRANÇOIS MISSER und DOMINIC JOHNSON

Die Reform des von Schmuggel und Kriegswirtschaft geprägten Bergbausektors der Demokratischen Republik Kongo ist zur ersten großen Herausforderung für die neu gewählte Regierung des Landes geworden, die letzte Woche ihr Amt antrat. Nach einem Generalstreikaufruf in Kongos größtem Bergbaurevier in der Südprovinz Katanga am Donnerstag annullierte die Regierung am Freitag die Kündigung des Chefs der größten staatlichen Bergbaufirma Gécamines.

Gécamines-Chef Paul Fortin, ein Franzose, leitet den maroden Staatskonzern im Auftrag der Weltbank seit Januar 2006, ausgeliehen von der französischen Consultingfirma Sofreco. Die Sofreco verfügte am Mittwoch Fortins Entlassung – aus unklaren Gründen. Daraufhin gingen in Katangas Hauptstadt Lubumbashi, wo die Gécamines ihren Hauptsitz hat, wütende Bergleute auf die Straße. In den Bergbaustädten Lubumbashi, Likasi, Kolwezi und Kipushi ruhte die Produktion. Am Freitag erklärte Kongos Regierung, die Entlassung sei rechtswidrig.

Fortin soll den maroden Staatskonzern sanieren, damit ausländische Investoren wieder in die Gécamines-Reviere einsteigen können, in denen sich einige der größten Kupfer- und Kobaltreserven der Welt befinden. Viele der Minen liegen nach langer Misswirtschaft brach. Heute graben nur noch Kleinschürfer. Die Kupferförderung des Staatsbetriebs, die in den 80er-Jahren bei 500.000 Tonnen im Jahr lag, fiel bis 2005 auf unter 18.000 Tonnen.

Im ersten Jahr des Fortin-Managements stieg die Förderung wieder auf 22.000 Tonnen. Fortin hofft auf 144.000 Tonnen bis 2012. Vordringlich für ihn, erklärte er kürzlich der taz, sei die Revision der vielen dubiosen Partnerschaftsverträge, die Kongos Staat in den letzten Jahren im Namen der Gécamines mit ausländischen Investoren geschlossen hat und über die einige der besten Mineralienvorkommen für lächerliche Beträge an ausländische Firmen gegangen sind.

Fortin hatte angekündigt, er werde gleich nach der Amtseinführung des Kabinetts des neuen Premierministers Antoine Gizenga die Analyse aller Verträge beantragen. Gizenga hat sich den Kampf gegen Korruption auf die Fahnen geschrieben. Nach ersten Berichten sollen die US-Firma Phelps Dodge, die kanadische Kinross-Forrest und die GEC des israelischen Mineralienhändlers Dan Gertler als Erste unter die Lupe genommen werden.

„Es kommt darauf an, wie man das macht“, relativiert Fortin Befürchtungen vor einer „Hexenjagd“ auf Investoren. Die Revision sei eine technische Angelegenheit. Zunächst sollen Experten der kongolesischen Behörde zur Reform von Staatsbetrieben „Copirep“ zusammen mit der Gécamines Vorschläge für neue Verträge erarbeiten; wenn die Regierung ihnen zustimmt, gibt es Verhandlungen mit den Partnern. „Man darf das nicht als Schlacht zwischen zwei Armeen sehen, die sich gegenseitig besiegen wollen“, so Fortin. Schließlich könnten auch die Investoren Nachforderungen stellen.

Wichtig ist für Fortin, dass es schnell geht. Er will vermeiden, dass aktive Investoren ihre Arbeit in Erwartung einer möglichen Revision einfrieren. Wenn alle vertraglichen Vorgaben erfüllt werden, soll die Gécamines in den nächsten 30 Jahren 2 Milliarden Dollar verdienen, der kongolesische Staat 7 Milliarden und die Investoren ebenfalls 7 Milliarden Dollar.

Mächtige Persönlichkeiten im Umfeld von Kongos Präsident Joseph Kabila sind gegen eine Revision der Gécamines-Verträge. Die Belegschaft des Staatskonzerns wiederum hält Fortin zugute, dass seit seiner Amtsübernahme zum ersten Mal seit Jahrzehnten regelmäßige Löhne gezahlt werden. „Wir wollen Fortin“ stand auf einem Transparent, das streikende Arbeiter am Donnerstag an die Gécamines-Zentrale in Lubumbashi hängten. Ihrem Staat trauen sie nicht. Sie haben vorerst gewonnen.