heute in bremen : Bewusste Ausgrenzung
Zwei Germanistinnen der Uni Bremen nehmen die Kanak Sprak unter die Lupe
Sie lesen heute auch aus „Dornröschem“ auf Kanak Sprak vor. Können wir schon mal eine Kostprobe haben?
Ute Siewerts, Universität Bremen: Die Übersetzung des Märchens ist von Michael Freidank, der hat ein ganzes Buch mit kanakischen Märchen herausgegeben. Bei „Dornröschem“ geht es so los: „Vor krass langer Zeit, da war ein krasses Ehepaar, dem war unfruchtbar oder so, isch schwör. Dem hatten keine Bälger, obwohl dem hatten immer gefickt, abern egal, isch schwör.“
Wie kamen Sie dazu, sich wissenschaftlich mit Migrantendeutsch zu beschäftigen?
Ich selber bin keine Spezialistin, was Migrantendeutsch angeht. Ich habe mich vor allem damit beschäftigt, wie das zum Beispiel in Comedys oder in Filmen dargestellt wird. Es ist also eher eine medienkritische Position, die wir da einnehmen.
Gibt es in Kanak Sprak klare Grammatikregeln?
Nein, aber es gibt es ein paar auffällige Merkmale: Es werden ganz bewusst die Fälle ignoriert. Freidank geht davon aus, dass es nur den Nominativ und den Dativ gibt. Das ist kein Zeichen dafür, dass die Betreffenden nicht richtig Deutsch sprechen können – sondern sie nutzen das ganz bewusst als soziales Zeichen.
Gibt es auch Deutsche, die kanakisch sprechen?
Ja. Ein Sprachwissenschaftler hat beobachtet, dass sogar Schüler aus gutsituierten Familien diese Kanak Sprak imitieren, um das Image, das damit verbunden ist, auf sich selbst zu übertragen. Es ist verbunden mit dem Bild des coolen, etwas gefährlichen, machohaften jungen Mannes.
Fragen: Jana Wagner
Vortrag, 19 Uhr, im Gästehaus der Universität auf dem Teerhof 53-54