„Wir wollen das Ende jeglicher Tierhaltung“

TIERE Schweine haben das gleiche Recht auf körperliche Unversehrtheit wie Menschen, sagt der Tierrechtler Edmund Haferbeck von Peta

■ 54, ist das bekannteste Gesicht von „People for the Ethical Treatment of Animals“ (Peta) in Deutschland. Weltweit hat die Organisation laut eigenen Angaben mehr als zwei Millionen Unterstützer.

taz: Herr Haferbeck, Peta wird Intoleranz etwa gegenüber Fleischessern vorgeworfen. Zu Recht?

Edmund Haferbeck: Wir sind keine Missionare. Wir versuchen, zu überzeugen und zu sensibilisieren. Intolerant sind die Hardcore-Veganer-Gruppen, die keine anderen Auffassungen und Lebensstile zulassen. Wir werden scharf angegriffen, weil wir für diese Leute zum Establishment gehörten. Wir machen Kompromisse. Wir verhandeln mit Großkonzernen wie McDonald’s und sorgen dafür, dass weltweit der erste Veggie-Burger auf den Markt kommt.

Wenn Sie über Deutschlands größten Geflügelfleischkonzern Wiesenhof reden, klingt das nicht sehr kompromissbereit.

Dass wir knallhart sind gegenüber der Industrie und diesen Konzernen, das ist völlig klar. Da gibt es keine große Toleranz. Wir filmen undercover in ihren Ställen und zeigen, wie dort Tiere misshandelt werden.

Wie weit darf man im Kampf gegen solche Konzerne gehen?

So weit, wie eine vom Finanzamt als gemeinnützige und als besonders förderungswürdige anerkannte Organisation gehen darf. Man darf eben keine Straftaten begehen. Peta ist noch nie rechtskräftig verurteilt worden.

Wurden Sie nicht in einem Prozess um Volksverhetzung verurteilt, nachdem Sie auf Plakaten unter dem Slogan „Der Holocaust auf Ihrem Teller“ Bilder von KZ-Insassen Fotos von Tieren aus Massenställen gegenübergestellt hatten?

Das war die einzige erstinstanzliche Verurteilung. Das Verfahren ist in der Berufungsinstanz gegen Geldbuße eingestellt worden. Bei unseren Undercover-Ermittlungen hat es nie überhaupt eine Anklage gegeben.

Aber Sie filmen doch ohne Erlaubnis der Eigentümer in Ställen. Ist das nicht illegal?

Nein, weil die Ställe offen stehen. Es gibt keine Einbrüche, noch nicht einmal eine eingeschlagene Fensterscheibe oder solche Dinge. Das ist nach der Rechtsprechung kein Hausfriedensbruch, weil der Eigentümer davon gar nichts wusste und gar nicht in seinem Besitztum gestört wurde.

Haben Tiere für Sie die gleichen Rechte wie Menschen?

Ja, aber konzentriert auf zwei Grundrechte: auf das Recht der körperlichen Unversehrtheit und das Recht der Würde. Weil die Tiere genauso leidensfähig und schmerzempfindlich sind wie die Menschen. Wir wollen keine Gleichberechtigung bei der Meinungsfreiheit oder der Religionsfreiheit oder beim Postgeheimnis.

Tiere fressen sich doch sogar gegenseitig.

Ja, aber in der Natur. Tiere haben keine Wahl, wir schon.

Archäologen haben Steinwerkzeuge gefunden, mit dem Vorfahren des Menschen Tiere zerlegt haben. Spricht das nicht dafür, dass der Mensch schon immer ein Fleischfresser war – und ist?

Wir leben heute in einer zivilisierten Gesellschaft. Da müssen wir feststellen, dass leidensfähige Mitgeschöpfe wie Tiere in den Punkten körperliche Unversehrtheit und Würde wirklich die gleichen Rechte bekommen müssen. Und sie haben sie offiziell schon bekommen: Wir haben im Grundgesetz im Artikel 20 a den Schutz der Tiere als Staatsziel festgeschrieben.

Wollen Sie Ureinwohnern verbieten, Tiere zu jagen?

Wir wollen jetzt nicht über die Völker in Afrika reden, die mal einen Springbock erlegen. Das sind Randbereiche. Wir reden von einer industriellen Ausbeutung von Tieren in Milliardengröße – 45 Milliarden Tiere weltweit. Darum geht es. Langfristig ist unser Ziel, dass kein Tier für den Menschen zur Schau gestellt wird oder auf dem Teller landet.

Warum warnt die Internetseite CharityWatch.de vor Spenden an Peta?

Für die unseriöse und durch nichts legitimierte CharityWatch.de vertreten wir Extremansichten, weil wir eine vegane Organisation sind. Das verschleiern wir nicht, sondern vertreten das vollständig nach außen.

JOST MAURIN