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Archiv-Artikel

Spaß am Rassismus

GETÖNE In Ostfriesland hat Pegida kaum eine Chance, weil die rechtspopulistische Ecke bereits besetzt ist

„Hallo Leute, der Holocaust interessiert mich nicht die Bohne!“

GERD KOCH, ANWALT

Wer laut genug tönt, kommt ins Fernsehen. Soweit hat es der rechtspopulistische Leeraner Rechtsanwalt Gerd Koch noch nicht gebracht, aber tönen kann er schon: „Heute gab es da Holocaust-Gedenkreden mit Überlebenden. Hallo Leute beim Fernsehen, der Holocaust interessiert mich nicht die Bohne! Macht endlich Schluss mit dem Trübsalblasen.“ Das schreibt er auf der Website seiner Allgemeinen Wähler Gruppe (AWG).

Die AWG rühmt sich seit ihrer Gründung 1991 damit, weder Programm noch Parteibuch zu haben und den „Spaßfaktor“ nicht zu vernachlässigen. Spaß findet Anwalt Koch an Medienschelte, Rassismus und Sexismus. Mehrfach wurde er verurteilt, etwa wegen Volksverhetzung. Auslandsbesuche von Lokalpolitikerinnen kommentiert er schon mal mit der Frage, was die da in Afrika im Gral mit dem Häuptling getrieben hat. Behinderte bittet er, sich selbst der Endlösung zuzuführen.

Trotzdem oder gerade deswegen hat es die AWG seit ihrer Gründung jedes Mal in den Kreistag und in den Leeraner Stadtrat geschafft. Koch ist derzeit jeweils Fraktionsvorsitzender. Bei der vorletzten Bürgermeisterwahl kam er gar in die Stichwahl gegen den unabhängigen Kandidaten Wolfgang Kellner. Seit Reinhold Robbe, ehemaliger SPD-Wehrbeauftragter des Bundestages, sich als schwul geoutet hat, ist Gerd Koch auch ein Freund der repressiven russischen Schwulenpolitik.

Koch und seine AWG sind keine Exoten in der Region. Sie sind seit 20 Jahren eine Stütze der lokalen Gesellschaft. Koch ist ständiger Gast bei Vereinen und der Feuerwehr und der Landrat Bernhard Bramlage (SPD) nimmt ihn schon mal im Dienstwagen mit.

Darum hat auch der ostfriesische Ableger der „Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (Ogida) in der Region kaum Chancen, denn Gerd Koch ist schon da. Und bei Ogida mitarbeiten wird er kaum, denn dazu wäre ein Mindestmaß an Arbeitseinsatz notwendig. Bei Koch reicht das Engagement meist nur für einen schmähenden Vierzeiler im Web. THOMAS SCHUMACHER