BOULEVARD DER BESTEN: THOMAS PURPS : Der für die Ost-taz die Druckerei suchte
Seit 1997 ist er in der taz der Herr der Zahlen, der Wirtschaftspläne, der Ausgaben- und Einnahmestrukturen: ein Controller, wie es ihn sympathischer kaum geben kann. Es ist also die Rede von Thomas Purps, Jahrgang 1962, geboren in Frankfurt an der Oder, Brandenburg.
Er bekennt, naturwissenschaftlich-mathematisch immer schon orientiert gewesen zu sein – mit Blick für das Betriebswirtschaftliche. Mit ihm, sagen Menschen, die ihn und seine Arbeit kennen, wäre der Arbeiter- und Bauernstaat namens DDR nie, jedenfalls wesentlich später untergegangen: Denn dieser Kollege weiß, wie aus schlechten Zahlen stumpfe Fußangeln des politischen Verhängnisses werden können. (Und er weiß gute wie schlechte betriebliche Kontostände – sagen jene mit Respekt, die seine Arbeit beurteilen können – realistisch zu benennen.)
Insofern: Die taz ist dankbar, dass es ihn im Hause gibt. Thomas Purps, der gern angloamerikanische, seit den Siebzigern populäre Musiker wie Neil Young und Van Morrison hört, ist ein Kollege, der jenseits des taz-Geschehens mit Lust durch grüne Landschaften wandert und Thomas Bernhard wie auch Stefan Zweig liest. Mit anderen Worten: Er, schon lange verheiratet und Vater einer Tochter, zählt auf diesem „Boulevard der Besten“ zu den glamourösesten Preisanwärtern seit Langem.
Und das liegt an einer publizistischen Geschichte, die sich Ost-taz nennt. Diese Zeitung hatte nämlich ein realsozialistisch-alternatives Pendant, und das war diese Ost-taz, die in der Hauptstadt der DDR Tag für Tag herausgegeben wurde. Am 26. Februar 1990 kam die erste Ausgabe aus der Druckerei – Menschen wie der Schriftsteller Klaus Schlesinger, der heutige Afrika-Redakteur der taz, Dominic Johnson, der Autor und Performer Jürgen Kuttner sowie andere waren journalistisch an diesem besonderen Projekt der deutsch-deutschen Neuvereinigung beteiligt. Und Thomas Purps war es – mit taz-Verleger Kalle Ruch und taz-Anwalt Johnny Eisenberg –, der in der DDR eine Druckerei für diese Zeitung suchte und fand. Das Papier kam aus Schwedt, am Franz-Mehring-Platz nahe dem Ostbahnhof wurde es auf Rotationsrollen gespannt: Pikanterweise in der Druckerei des SED-Zentralorgans, des Neuen Deutschlands.
Dank also an ihn zu diesem 25. Jahrestag der alternativ-journalistischen Antwort auf das publizistische Elend in der DDR. Er selbst sagt in seiner lakonischen Art: „In der DDR bin ich aufgewachsen. Habe eine gute Ausbildung erhalten. Die damalige Teilung der Welt in Ost und West schien mir auf ewig festgeschrieben. Umso mehr schätze ich das Wunder, dieser Zeitenwende beigewohnt zu haben.“
JAN FEDDERSEN