Ein junges Gesicht unter den alten Guerillakommandanten

EL SALVADOR Trotz Auszählungschaos nach der Wahl: Die Hauptstadt wird wieder links regiert

AUS SAN SALVADOR CECIBEL ROMERO

Drei Tage nach der Parlaments- und Bürgermeisterwahl in El Salvador gibt es noch keine einzige offizielle Zahl zu den Ergebnissen. Die Wahlbehörde scheint mit dem Auszählen der Stimmen völlig überfordert zu sein. Derweil einigen sich die Parteien, wer wo gewonnen oder verloren hat: Ein Kandidat erklärt sich zum Sieger in einer Stadt, sein stärkster Gegner akzeptiert die Niederlage. Derart zustande gekommene „Ergebnisse“ gelten als sicher, und danach gibt es eine entscheidende Neuerung: San Salvador wird wieder von der ehemaligen Guerilla FMLN regiert, von der seit 2009 auch der Präsident des Landes kommt. In den vergangenen sechs Jahren war das Rathaus der Hauptstadt von der ultrarechten Partei Arena beherrscht worden.

Traditionell gilt das Rathaus von San Salvador als Sprungbrett ins Präsidentenamt. So gut wie jeder Bürgermeister der vergangenen dreißig Jahre hat das zu nutzen versucht und einige haben es auch geschafft. Zuletzt hat es im vergangenen Jahr Norman Quijano versucht, der jetzt nach sechs Jahren ausscheidende Arena-Bürgermeister. Er war dem FMLN-Kandidaten Salvador Sánchez Cerén nur hauchdünn unterlegen. Auch dem jetzigen Wahlsieger Nayib Bukele werden Ambitionen aufs höchste Staatsamt nachgesagt.

Bukele ist ein neues Gesicht in der von alten Guerilla-Kommandanten geprägten FMLN: Gerade mal 33 Jahre alt, mit Conchita-Wurst-Bart und modischen Anzügen, sein Markenzeichen sind schrille Socken. Als in den achtziger Jahren der Bürgerkrieg tobte, war er behütetes Kind einer Unternehmerfamilie mit palästinensischen Wurzeln. Heute ist er Generalvertreter einer japanischen Motorradmarke und besitzt eine Werbeagentur, die mehrfach die Wahlkämpfe der FMLN gestaltete. Darüber kam er zur Partei und wurde vor drei Jahren zum Bürgermeister von Nuevo Cuscatlán gewählt, einem Dorf im Süden der Hauptstadt. Dort machte er mit Sozialprogrammen und einem Feldzug gegen Korruption von sich reden.

In seinem Wahlkampf sah man keine roten Parteifahnen, hörte nichts vom Sozialismus und von alten Guerilla-Hymnen. Stattdessen präsentierte er ein Sammelsurium aus anderweitig erfolgreichen Wahlkampfelementen: Sein Motto „Neue Ideen“ kam von Dilma Rousseff in Brasilien, seinen U2-Wahlkampfschlager „City blinding lights“ von Barack Obama. Die alten Comandantes scheinen diesen Stil- und Generationswechsel mitzutragen.