Banker gehen in den Knast

Ex-Manager der Lauenburger Volksbank vom Landgericht Lübeck wegen schwerer Untreue zu Haftstrafen von viereinhalb Jahren sowie drei Jahre und neun Monaten Haft verurteilt. Bank war am Rande des Ruins. Geständnis bringt vorerst Freiheit

Das Lübecker Verfahren galt als Vorbote der Verfahren um die Wirtschaftsverflechtungen der Osmani-Brüder, denen die Bildung einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen wird. Nach Bashkim wird in Kroatien gefahndet. Gegen Burim, der in Augsburg in U-Haft sitzt, besteht in Hamburg Haftbefehl wegen des Verdachts der Untreue. Ferner wird ihm vorgeworfen, zu Unrecht 22 Millionen Euro Kredite von der Lauenburger Volksbank erhalten zu haben.  KVA

von KAI VON APPEN

Der ehemalige Direktor der Lauenburger Volksbank, Carsten Heitmann, 64, sowie das Ex-Aufsichtsratsmitglied des Kreditinstituts, Hauke Hillmer, 55, sind am Dienstag von einer Wirtschaftskammer des Lübecker Landgerichts nach überraschenden Geständnissen wegen schwerer Untreue zu viereinhalb Jahren beziehungsweise drei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt worden. Anschließend setzte das Gericht beide auf freien Fuß.

Die Männer hatten ohne ausreichende Sicherheiten Kredite in Millionenhöhe – auch an Strohleute der Hamburger Investorbrüder Osmani – vergeben. Die Bank schlitterte deshalb Ende 2006 mit 70 Millionen Euro ungedeckter Kredite nur knapp am Ruin vorbei und musste mit 58 Millionen Euro vom „Feuerwehrfonds“ des Bundesverbands der Volks- und Raiffeisenbanken gestützt werden.

Es war ein Deal, wie er in Wirtschaftsprozessen häufig vorkommt. Denn solche Verfahren können langwierig sein, es müssen kistenweise Akten analysiert werden, aus denen alle Prozessbeteiligten unterschiedliche Schlüsse ziehen. Am Ende steht dann die Revision der Beschuldigten, und bei einem minimalen Verfahrensfehler des Gerichts kann alles wieder von vorn losgehen. Im Gegenzug können sich die Angeklagten durch ein einfaches Geständnis eine lange Haft ersparen. Und wenn sie wieder auf freien Fuß kommen, werden sie aufgrund ihrer „Kontakte“ nicht Gefahr laufen, ein Leben von ALG II fristen zu müssen.

Im aktuellen Fall konnten sich Heitmann und Hillmer, die seit März wegen Fluchtgefahr in Untersuchungshaft saßen, durch ihre Einlassungen sogar bis zum Haftantritt die Freiheit erkaufen. Wegen der Aussagen und nunmehr mangelnder Fluchtgefahr hob das Landgericht nämlich die Haftbefehle auf.

Zuvor räumten beide, die lange Zeit ihre Unschuld bekundet hatten, ein, bei der Vergabe fauler Kredite in Höhe von 17 Millionen Euro in elf Fällen zwischen 2002 und 2006 keine ausreichenden Sicherheiten verlangt und damit die Gefährdung der Rückzahlungen in Kauf genommen zu haben. Für ein solches Schuldeingeständnis hatten Staatsanwaltschaft und Gericht zugesagt, dass die mögliche Strafe nicht mehr als vier Jahre und neun Monate betragen werde. Diese Kredite waren damals an Kellner, Hausmeister und Drittliga-Fußballspieler gezahlt und dann in Projekte der Brüder Burim und Bashkim Osmani geflossen, gegen die inzwischen wegen der Bildung einer kriminellen Vereinigung ermittelt wird (siehe Kasten).

Hillmer, langjähriger SPD-Ratsherr in Geesthacht, war bis 2003 Aufsichtsrat der Lauenburger Volksbank. Später war er Geschäftsführer der Firma Cantina-Bau, die auch in Osmani-Projekte verquickt war – unter anderem in ein Hotelprojekt im kroatischen Skopje, in das die Kredite der Volksbank geflossen waren. Carsten Heitmann, der Bashkim Osmani in Briefen duzte, soll dabei treibende Kraft gewesen. „Die Vorgänge seien existenzbedrohend für die Volksbank gewesen“, sagte der Vorsitzende Richter Jörg Beer bei der Urteilsverkündung. Beide hätten ihre Pflichten verletzt, als sie ohne gewissenhafte Prüfung Kredite vergaben. Das Gericht sah eine „raffinierte Begehungsweise“ bei den Taten, bei denen „Geflechte von Firmen und Strohmänner eingeschaltet“ worden seien. Beide hätten sich auch persönlich bereichert.

Laut Anklage ließen sich beide Angeklagte aus den Kreditgeschäften jeweils 415.000 Euro überweisen. Unklar blieb, weshalb 16,4 Millionen Euro Kredite der Volksbank an eine italienische Mineralwasserquelle fließen konnten, an der Hillmer und Heitmann selbst beteiligt gewesen sein sollen. Heitmann hat sich zudem laut Anklage aus dem Pensionsfonds der Volksbank fast drei Millionen Euro auszahlen lassen, als die Bank bereits in Schieflage war.

Gericht und Staatsanwaltschaft würdigten in ihren Ausführungen, dass mit den Geständnissen ein langwieriges Verfahren vermieden worden sei. Strafmildernd habe auch das Alter der Angeklagten gewirkt. Beide seien von der langen Untersuchungshaft gezeichnet. Staatsanwältin Claudia Wilking sagte am Rande des Verfahrens, es sei „kein normaler Fall der Bankenuntreue“ gewesen. Heitmann und Hillmer seien „geschäftlich verbunden gewesen und haben gezielt die Kredite genutzt, sich für ihre eigenen Geschäfte Liquidität zu verschaffen“.