Ist die Welt bereit?

BESCHERUNG Das Online-Portal des Verlagserben Konstantin Neven DuMont ist online gegangen

„Iss nachhaltig und rette die Welt!“ – das passt vielleicht nicht ganz zu den vielen eher untierfreundlich aufs Schlachtgewicht getunten Hafermastgänsen, die ab dem 24. 12. in deutschen Bratröhren der Hausfrau den ganz besonderen Weihnachtsstress bescheren. Doch Konstantin Neven DuMonts kurz vor dem Fest frisch ausgepacktes Online-Nachhaltigkeitsmagazin evidero.de setzt seinen ersten Schwerpunkt „Essen“ ganz bewusst. „Nachhaltig informativ“, lautet das Motto des neuen Projekts, das der beim Familienstammhaus M. DuMont-Schauberg in Ungnade gefallene Verlegersohn aus der eigenen Tasche finanziert. Wobei das als Miterbe des viertgrößten deutschen Zeitungsverlags nicht allzu schwer fallen dürfte.

Informativ ist das Ganze durchaus. Pro Thema – ein zweiter Schwerpunkt beschäftigt sich logischerweise mit der Finanzkrise und Geld – gibt es mehrere lange Texte, durchaus brauchbare Grafiken und pro Thema ein magaziniges Video. Mit Jasmin Pour leistet sich evidero sogar eine Moderatorin, die derzeit vor allem als Radiostimme (WDR 1live, hr3) bekannt ist. Wobei: Die Kommentatoren ihres Auftritts haben recht: Die Kette muss weg.

Ursprünglich hatte KNDM angekündigt, auch in Sachen Medien bei evidero unterwegs zu sein. Schließlich stand eine medienjournalistische Kontroverse am Anfang des nicht ganz freiwilligen Unterfangens: Der heute 42-Jährige hatte sich 2010 erst eine bizarre Kommentarposse auf dem Blog des Medienjournalisten Stefan Niggemeier sowie anschließend eine heftige Auseinandersetzung mit seinem Vater, Verlegerpatriarch Alfred Neven DuMont, geleistet und auch das DuMont-Management scharf kritisiert. Am Ende wurde er aus dem DuMont-Vorstand geworfen. Bislang lässt medienjournalistisches Engagement noch auf sich warten, auch wenn der Text über „Die Erben der Schweine“ mit diesem Schlenker anfängt: „Ist die Welt bereit für Veränderungen? Während es dem ZDF schwerfällt, einen Gottschalk-Nachfolger für ‚Wetten dass??‘ zu finden, wächst für jedes geschlachtete Rind, Schwein, Huhn etc. sekündlich Ersatz heran.“ Das wirkt gezwungen, genauso wie das oft bemühte, leicht agitatorische „wir“ in vielen Texten, das uns belehrt, was „wir“ alles falsch machen. Hier täte mehr Distanz gut.

Wobei die grundsätzliche Haltung von evidero schwer in Ordnung geht und die Zahl der Rechtschreibfehler noch knapp die auf taz.de toppt. Ein Weihnachtsgeschenk hat sich Konstantin Neven DuMont in jedem Fall gemacht – und es allen bewiesen, die meinten, nach seinem Ausstieg aus Väterchens Verlag kriege er erst recht nichts mehr hin. S. GRIMBERG