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Duales System in der Krise

■ Kommunen sollen für Plastikrecycling zahlen / Ermittlungen gegen Kunststoffverwertungsfirma

Frankfurt/Bonn/Hamburg (AP/ dpa) — Zur Entsorgung des Plastikmülls will das in finanzielle Bedrängnis geratene Duale System Deutschland (DSD) jetzt die Kommunen zur Kasse bitten. Dies kündigte DSD-Geschäftsführer Wolfram Brück an. Er rechne aber damit, daß sein Unternehmen bis 1996 in der Lage sein werde, die anfallenden Verpackungskunststoffe zu verwerten. Schon im nächsten Jahr stünden zusätzlich bis zu 150.000 Tonnen Recycling- Kapazität zur Verfügung.

Bei einem Scheitern des Dualen Systems mit dem Grünen Punkt drohte Bundesumweltminister Klaus Töpfer unterdessen Industrie und Handel damit, die Verpackungsverordnung in ihrer ursprünglichen Fassung in Kraft zu setzen. Dies hieße, daß der Plastikmüll von den Läden zurückgenommen werden muß. Eine Abschaffung des Grünen Punktes lehnte Töpfer aber ab: „Dann sind wir genau wieder da, wo wir angefangen haben, ohne Kreislaufwirtschaft.“

Die Industrie einigte sich am Freitag darauf, dem DSD finanziell unter die Arme zu greifen. Die Hersteller, die den Grünen Punkt auf ihre Verpackungen drucken, sollen zwei Monatsbeiträge für die Lizenz vorauszahlen. Dies ergebe ein Darlehen von 160 Millionen Mark.

Wegen des „Verdachts der Untreue und Betruges“ wird nach Berichten des Spiegel gegen die Verwertungsgesellschaft gebrauchte Kunststoffverpackungen (VGK) ermittelt. Das Unternehmen soll im Auftrag des DSD Kunststoffmüll mit dem Grünen Punkt recyceln. Zusammen mit Staatsanwälten aus Frankreich sichteten deutsche Fahnder „kistenweise“ sichergestellte Dokumente hinsichtlich illegaler Müll-Lieferungen nach Frankreich, Bulgarien und andere osteuropäische Länder. Der zuständige Staatsanwalt meinte angesichts zahlreicher offener Fragen, daß es für das Duale System „bald zum Crash“ kommen könne.

Zahlreiche PolitikerInnen — vom hessischen Umweltminister Joschka Fischer (Grüne) über die Umweltexpertin der SPD-Bundestagsfraktion, Liesel Hartenstein, bis zum Vorsitzende des Umweltausschusses im Bundestag, Wolfgang von Geldern (CDU) — fordern nun die Einführung einer Ökosteuer auf Kunststoffverpackungen.

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