■ Tatort Berlin: „Der Stoff liegt förmlich auf der Straße“
Iris Schweigert, 42 J., Buchhändlerin
Für mich sind Krimis deswegen so toll, weil sie so dicht an der Realität sind. Krimis waren immer Spiegelbild der Gesellschaft. Berlin als Krimistadt? Das ist für mich im Moment das einzig Spannende hier. Ich finde, die Stadt verdient noch viel mehr Wirtschaftskriminalität, damit die Leute endlich wacher werden. Berlin-Krimis finde ich gut, weil ich mich viel intensiver in sie hineindenken kann.
Wolfgang Paulat, 53 J., Unternehmer
Ich lese Krimis zur Entspannung, dazu brauche ich unbedingte Ruhe. Also am besten zwei Stunden Zeit und einen Longdrink dazu. Berlin als Krimi-Stadt finde ich interessant, da kann ich mich mit identifizieren. Berlin-Krimis werfen natürlich ein schlechtes Licht auf die Stadt. Wenn ich einen schreiben würde, würde der von Erpressung, Mafia-Methoden und Rauschgift handeln, das ist aktuell.
Helena Dunzig, 26 J., Hausfrau
Ich lese gerne altmodische Krimis, Agatha Christie zum Beispiel. Die sind von Anfang bis Ende spannend. Berlin-Krimis habe ich noch nicht gelesen, aber das paßt doch ganz gut. Schließlich gibt es hier genauso viel Kriminalität wie in New York. Mein Berlin-Krimi hätte irgend etwas mit Mord zu tun. Ich habe noch nie einen Krimi geschrieben, aber ich denke, es gäbe ein Happy-End.
Rolf Maier, 28 J., Selbständiger
Ich lese gerne Krimis, da wird die eigene Vorstellungskraft gefordert. Gute Berlin-Krimis würde ich auch lesen. Meinen Berlin-Krimi würde ich möglichst gewaltfrei konzipieren – Spannung ist auch ohne Mord und Totschlag möglich. Ein prägnantes Thema weiß ich im Augenblick nicht – Berlin hat ja seinen Status als Insel verloren. Ich selbst habe mal aus weiter Ferne einen Banküberfall erlebt.
Manfred Drews, 58 Jahre, Krimiautor
„Entspannung durch Spannung“ – so hat mal eine Leserin beschrieben, was ein guter Krimi für sie bedeutet. Für mich ist Berlin heute noch mehr Krimi-Stadt als zu der Zeit, als es noch geteilte Stadt war. Jetzt liegt der Stoff förmlich auf der Straße, weil die einzelnen Mafias sich streiten. Das hat natürlich auch tragische Seiten, aber für einen Autor ist das ein spannend zu schreibendes Thema.
Matthias Wolbold, 26 J., Student
Ich lese nur noch selten Krimis, weil ich früher zu viele Jerry-Cotton-Hefte gelesen habe. Berlin als Krimi-Stadt finde ich nicht interessanter als andere Städte. Im Gegenteil: New York ist für mich als Handlungsort spannender, weil die Stadt größer, die soziale Struktur explosiver ist. Mein Berlin-Krimi hätte irgendwas mit dem Ost- West-Gegensatz zu tun, das liegt doch auf der Hand.
Interviews: Ulrich Jonas
Fotos: Norbert Michalke/Octopus
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