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■ Filmstarts à la carteDurch Flüsse, Bäche und so fort mit asiatischer Energie

Kollegin Häusler, die trotz Geburtstags hier knechten mußte, vermeldet erfreut, daß es sich bei der Ausstellung El Dorado im Alten Museum auf der Museumsinsel um eine schöne Ausstellung handele, dem wir nur noch hinzuzufügen haben, daß es dazu auch ein wohlgesetztes Filmprogramm gibt: Gezeigt wird einerseits alles, was mit Goldrausch zusammenhängt, also Der Schatz der Sierra Madre, Goldfinger oder schlicht Gold! mit Hans Albers, Der Kaiser von Kalifornien mit Luis Trenker und sogar Tim und Struppi.

Nein, es gibt auch Filme von den Belagerten, aus Kolumbien, zum Beispiel Die Strategie der Schnecke, ein sogenannter Kultfilm für die Landeskundigen, in dem es um ein Haus voller wandelnder Ikonen geht, ein Revoluzzer, eine Mama Leone, ein Pater, ein Anarchist, ein Anwalt. Erst als der Yuppie dazukommt, tanzen die Verhältnisse.

Heute abend wird auf dem etwas angestrengt „Filmarbeiterinnen Abend“ heißenden Termin die japanische Filmemacherin Utako Koguchi vorgestellt, und wir wollen Ihnen keineswegs vorenthalten, was die Organisatorin des Abends über diese Filme zu sagen hat, denn besser, treffender könnten wir es niemals zustandebringen: „Als ich O-De-Ka-Ke Diary zum erstenmal sah, war da eine ganz besondere (vielleicht asiatische?) Energie, die mein Dasein verwandelte. Utako Koguchi spielt selbst – sie läuft barfuß in einem leichten Kleid durch Tokio. Sie klettert auf Bäume, schwimmt in Flüssen und Bächen, legt sich zwischen die Gleise, durchstreift die Nacht. Wie unsichtbar für ihre Umgebung, bwegt sich dieser fremde helle Stern in dieser Welt. Verschiedenen Freunden gab sie die Super-8- Kamera, um ihre Aktionen zu filmen, lebendige, bewegte Bilder, so unbändig wie sie selbst, unbändig in ihrer Neugierde und in ihrer Traurigkeit auch. Sie durchstreift innere Stimmungen in äußeren Welten. Die Natur und die Zivilisation, den Tag und die Nacht, das Leben und einen Tod. Ein Gesang und ein Jubel erfüllt mich und gleichzeitig Einsamkeit – da rennt sie und hüpft sie über diese überbelichtete Wiese durch das feuchte, hellgrüne Gras – der Tag ist jung und sie wie neugeboren. Und ich auch.“

Eine Reise durch die Schweizer Filmlandschaft, und bitte verkneifen Sie sich jetzt despektierliche Bemerkungen, veranstalten Babylon und Zeughaus (in Potsdam auch das Filmmuseum).

Es soll ganz ohne Heidi und Wilhelm Tell abgehen. Dabei ist deshalb auch Die Entstehung der Eidgenossenschaft nicht zu sehen, ein Koloß von einem Film aus dem Jahre 1924. Statt dessen nimmt Tell die Hintertür, indem nämlich Es ist kalt in Brandenburg (Hitler töten) gezeigt wird. Der Film entstand nach einer Rede Rolf Hochhuths in Basel, in der dieser über den fast völlig unbekannten Hitler-Attentäter Bavaud gesprochen hatte, der als „Tell 38“ in das Manuskript einging. Hier kommt nun auch wieder Ludwig 1881 ins Spiel, weil der Bayernkönig bekanntermaßen vorhatte, seinen armen Leib- und Magenschauspsieler den ganzen Tell nur für ihn zu spielen, in Megakulisse und ganz allein. Mit geradezu schweizerischer Energie wendete sich in den sechziger Jahren eine Gruppe junger Menschen gegen den Bergfilm, bis man regelrecht von einem Schweizer Filmwunder sprach. Die Klimax dieser Entwicklung lag allerdings in den siebziger Jahren, als Filme wie Die Spitzenklöpplerin, Die Schweizermacher oder Fredi Murers Höhenfeuer herauskamen.

Wenn es irgendjemanden interessiert, möchte ich noch anmerken, daß nächste Woche ein recht apartes Experimentalfilm- Festival in Luzern stattfindet, zu dem manche von uns eingeladen sind, andere nicht.mn

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