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„Riesenerfolg der Friedensbewegung“

■ Rund 180.000 demonstrierten in Hasselbach / Neues Polizeikonzept / Keine Festnahme / Robert Jungk: Auch Baumaschinen gehören zu den Waffen / Hunsrücker Erklärung: „Reykjavik keine begründete Hoffnung auf einen Durchbruch in Richtung Abrüstung“

Aus Hasselbach Felix Kurz

Rund 180.000 Menschen demonstrierten am Samstag im Hunsrück am Standort der Marschflugkörper Cruise Missiles in und um Hasselbach gegen die Stationierung weiterer Atomwaffen und für eine weltweite Abrüstung. Andreas Zumach von der „Aktion Sühnezeichen“ und Sprecher des Koordinationsausschusses der Friedensbewegung (KA) wertete die Aktion als einen „riesigen Erfolg der Friedensbewegung“. Die Demonstration im Hunsrück habe klargemacht, daß das „Geunke, die Friedensbewegung sei tot, nicht stimmt“. Angereist waren die Demonstranten aus dem In– und Ausland in rund 2.000 Bussen, sechs Sonderzügen und zahllosen PKWs. Mit von der Partie war auch eine Gruppe aus der DDR, Soldaten in Uniform und mehrere Hundert Mitglieder des Motorradclubs „Kuhle Wampe“, die bereitwillig Kurierdienste übernahmen und auch Journalisten durch das weite Gelände fuhren. Für Andreas Zumach war die größte Demonstration, die außerhalb Bonns durch die Friedensbewegung auf die Beine gestellt worden ist, „nicht etwa eine Abschlußaktion, sondern der Auftakt zu weiteren Maßnahmen“. Geplant sind unter anderem ab dem 22. November in Hasselbach Blockadeaktionen, von denen diesmal noch abgesehen wurde. Während die Veranstalter von rund 180.000 bis 200.000 Demonstranten sprachen, wollte die Polizei immerhin über 100.000 Teilnehmer gezählt haben. Mit einer völlig neuen Taktik (Slogan: „Gewaltfrei im Hunsrück“) begegnete die Polizei der Großdemonstration. 40.000 Flugblätter mit einem eigens für die Aktion in Hasselbach erstellten Symbol appellierten an die Friedensfreunde. Das Signet auf den Flugblättern und Aufklebern, ein Schlagstock und eine Zwille von einer Blume umrankt, fand bei den Teilnehmern in Hasselbach breite Zustimmung und Absatz. Fortsetzung S.2, Reportage S.5 Kommentar auf Seite 4 Umstritten war das Design lediglich innerhalb der Polizei. Schließlich mußten die Erfinder des neuen Konzepts, Kriminalrat Dieter Hilken und der rheinland– pfälzische Polizeipsychologe Frank Stein den Hardlinern in ihren Reihen, die gleichberechtigte Darstellung von Schlagstock und Zwille, erst einmal vermitteln. Die „anders konditionierten“ SEK–Mitglieder hatte man gar in die 20 Kilometer entfernte NATO–Air Base Hahn verlegt, damit nichts schief gehen konnte. Zwei Versuche von Demonstranten, den Zaun durchzuschneiden, kommentierte Einsatzleiter Kriminalrat Ulrich Pett als „Knabberversuche“. Die wenigen Sprühdosen, die seine Beamten irgendwo gefunden hatten, seien „nicht der Rede wert“. Das Ergebnis des „neuen Konzepts und nicht etwa einer Taktik“, so Dieter Hilken: Keine Festnahmen, keine Randale und eine Demonstration in Volksfeststimmung. Die rund 5.000 eingesetzten Beamten aus mehreren Bundesländern und dem Bund waren weitgehend unsichtbar für die Demonstranten. Rund drei Stunden war das ca. 130 Hektar große Gelände des Sta tionierungsdepots von den Demonstranten eingeschlossen. Eine erst vor kurzem fertiggestellte, über drei Meter hohe und rund vier Kilometer lange Betonmauer, die jegliche Sicht in das Gelände versperrte, war in Windeseile mit Grafitti verziert. Ein zweisprachiges Schild am Haupteingang verkündete: „Achtung, sie verlassen den demokratischen Sektor der BRD“. Drastischer ein ebenfalls dort aufgehängter Hinweis: „Von hier aus werden wir am Tag X einen großen Teil der Menschheit vernichten. Wir danken für ihre stillschweigende Zustimmung“. Die Polizei schritt gegen die Sprüher nicht ein. Der Koblenzer Oberstaatsanwalt Weiss, im Einsatzzentrum der Polizei darauf angesprochen, ob das Besprühen der Mauer nicht Sachbeschädigung sei: „Das interessiert uns doch nicht“. Der Beginn des Hasselbacher Mauerbaus war übrigens der 13. August 86, exakt 25 Jahre nach dem Bau der Berliner Mauer. In einer Hunsrücker Erklärung der Friedensbewegung hieß es zum Abschluß der Kundgebung, daß man in dem Treffen in Reykjavik „keine begründete Hoffnung auf einen Durchbruch in Richtung Abrüstung“ habe. Auch durch die „Gipfelrhetorik“ lasse man sich nicht täuschen und fordere das „sofortige Ende“ aller Atomwaf fenversuche. Man werde, so die Hunsrücker Erklärung, „keine Ruhe geben, bis sämtliche Atomwaffen aus Europa verschwunden sind“. Für den Zukunftsforscher Robert Jungk muß man das alte Symbol der Friedensbewegung, das von zwei Händen zerbrochene Gewehr, neu entwickeln. Jetzt müsse das neue Symbol sein, „das Zerbrechen der sogenannten Aufbauinstrumente, die in Wirklichkeit die Umweltzerstörungs– und Menschenzerstörungsinstrumente sind“. Jungk: „Ich möchte ein bekenntnis zur Gewaltlosigkeit gegenüber Menschen abgeben. Aber ich verstehe die Menschen, die die Waffen, mit denen die Umwelt zerstört wird, die Bagger, die Bulldozer, die Stationen errichten, zerstören wollen“.

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