: Molketransport verzögert
■ Demonstranten verzögerten die Einlagerung des verstrahlten Molkepulvers auf einem Bundeswehrgelände bei Meppen um rund zwölf Stunden
aus Meppen Dietmar Bartz
Die schnell eingerichteten Telefonketten von Bürgerinitiativen und Umweltschutzgruppen im Emsland haben funktioniert: 250 Demonstranten, darunter auch Vertreter der Ratsfraktionen von CDU, SPD und Grünen, verzögerten die Einlagerung des verstrahlten Molkepulvers auf einem Bundeswehrgelände in Meppen um rund zwölf Stunden, um gegen die „neue Atommülldeponie für Norddeutschland“ zu protestieren. Sie blockierten, mit Transparenten und Grablichtern ausgerüstet, den kleinen Rangierbahnhof der emsländischen Stadt so nachhaltig, daß von Dienstag abend bis Mittwoch morgen der Verkehr auf der Bahnstrecke Münster– Emden lahmgelegt wurde. Vor den drei Molkezügen stauten sich schließlich 15 Güterzüge. Für den unterbrochenen Personenzugverkehr setzte die Bundesbahn Busse ein. Die Molkezüge wurden über Nacht auf den Bahnhöfen Osnabrück, Rheine und Papenburg abgestellt. Gegen 7 Uhr räumte die Bahnpolizei die letzten fünf Besetzer/innen von den Gleisen; zwei Hundertschaften der Polizei sicherten die Gleisanlagen. Im Laufe des Mittwochvormittags wurden die 150 Waggons mit insgesamt 3.000 Tonnen radioaktiver Molke auf den Gleisen innerhalb der Erprobungsstelle 91 der Bundeswehr abgestellt. Etwa 20 Blockierer, die am späten Vormittag den letzten der drei Transporte aufhalten wollten, mußten vor dem nahenden Zug zur Seite springen. Fortsetzung auf Seite 2 Eine Teilnehmerin erklärte gegenüber der taz, der Zugführer habe zunächst gestoppt, sei aber dann auf die Blockade zugefahren. Während ein Pressesprecher des Bundesverteidigungsministerium erklärte, daß das Molkepulver auf dem Gelände sicher eingelagert sei, protestierte Horst Willms, der Vorsitzende des Personalrats der Erprobungsstelle, scharf gegen die Unterbringung und wies darauf hin, daß das riesige Gelände auf einer Seite nur durch einen Sumpf „geschützt“ sei. Zudem seien die Waggons, die in einem Naturschutzgebiet abgestellt sind, nicht verschlossen, sondern nur verplompt. Die 2.000 dort Beschäftigten lehnten das Molkepulver einhellig ab. Einige von ihnen hatten sich an den Protesten beteiligt und auch auf dem Gelände ein Transparent entrollt. Auf der 20.000 Hektar großen Erprobungsstelle 91, dem „TÜV der Bundeswehr“, werden alle Waffen auf Tauglichkeit geprüft, bevor sie in die Serienfertigung gehen; dazu gehört auch Großgerät wie Panzer und Geschütze. Die dort Beschäftigten sind überwiegend zivile Techniker. Der Platz hat Tradition: Vor dem Weltkrieg erprobte dort Krupp die Kanonen. Die Molke soll drei Monate lang in Meppen stehen. Weitere 97 Waggons, die bei Rosenheim abgestellt waren, sind in einen militärischen Sicherheitsbereich in Feldkirchen–Mitterharthausen bei Straubing gebracht worden. Während der Zwischenlagerung soll „ohne Zeitdruck“ überlegt werden, wie das Pulver vernichtet oder endgelagert werden soll.
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