: Bundesrepublik obsiegte: EWS unwesentlich verstärkt
■ Stützungskäufe schwacher Währungen erleichtert / Keine verstärkte Interventionenspflicht
Von Ulli Kulke
Berlin (taz) - Ein wenig enger sind die im Europäischen Währungssystem (EWS) organisierten Staaten bei ihrem Treffen im dänischen Nyborg am Wochenende gerückt - aber auch nicht mehr. Insbesondere die französische Regierung, die die Wechselkurse der EWS–Länder fester aneinanderketten wollte, konnte sich nicht gegen Bundesfinanzminister Stoltenberg und Bundesbankpräsident Karl Otto Pöhl durchsetzen. Sie hatten Bedenken, die Bundesrepublik müsse die Hauptkosten für die künstliche Stützung schwacher EWS–Währungen tragen, und werde darüberhinaus Inflationsgefahren ausgesetzt (siehe taz v. Freitag). Die wichtigste Vereinbarung von Nyborg betrifft die Erleichterung der „intramarginalen Intervention“: der Ankäufe tendenziell schwacher Währungen zur Stützung ihres Kurses, auch wenn die Bandbreite, in denen die Währun gen schwanken dürfen, noch nicht ausgeschöpft ist. Regierungen der Schwachwährungsländer können für Stützungskäufe ihrer eigenen Währung künftig Kredite bei den Hartwährungsländern (in deren Währung) aufnehmen. Dies war bislang nur dann möglich, wenn die Schwankungsbreite und damit der Zeitpunkt für Pflichtinterventionen erreicht war. Auch wurde die Rückzahlungsfrist für diese Kredite von zweieinhalb auf drei Monate verlängert. Bedeutsam ist dabei, daß die Kredite für die Stützungsinterventionen ab sofort in der europäischen Verrechnungseinheit ECU zurückgezahlt werden können. Frankreich kann sich mithin künftig zur Stützung seines schwachen Franc bei der Bundesbank DM ausleihen und zu einem gehörigen Teil in Franc und anderen tendenziell schwachen Währungen zurückzahlen, da diese ja quasi „Bestandteil“ des ECU sind. Diese Möglichkeit dürfte auch der Hintergrund für die unterschiedliche Auslegung der Nyborger Vereinbarungen sein. Während Pöhl und Stoltenberg marktwirtschaftlich stolz verkünden, ein erhöhter Zwang zu „intramarginalen Interventionen“ sei abgewendet worden, sprach Frankreichs Zentralbankpräsident von einer künftigen automatischen Intervention für den Fall, daß eine Währung auch innerhalb der Bandbreiten Schwächetendenzen zeige. Wenn die Bundesbank sich nämlich weigert, DM zur Stützung anderer Währungen zu verkaufen, weil sie sich gegen einen inflationsträchtigen erhöhten DM–Umlauf wehrt, könnte dies künftig ganz einfach von Paris aus geschehen, nachdem man sich in Frankfurt DM gepumpt hat. Pöhl und Stoltenberg gehen jedoch davon aus, daß sie zu jedweder Stützungsintervention ihre Zustimmung geben müßten. Diese Absicherung der beiden steht im Zusammenhang mit starken Anwürfen seitens des ehemaligen FDP–Wirtschaftsministers Lambsdorff. Er hatte im Vorfeld der Nyborger Konferenz die Bundesregierung beschuldigt, ihren Kurs der Inflationsbekämpfung aufzugeben, wenn die DM noch stärker an schwache EWS–Währungen angekettet würden. Lambsdorff warnte davor, daß die höhere Inflationsrate aus anderen Ländern in die Bundesrepublik überschwappen könne, und sei es auch nur dadurch, daß im Rahmen der Stützungskäufe mehr DM in den europäischen Kreislauf gepumpt werde. Über einen vollen Beitritt Großbritanniens zum EWS–Interventionssystem wurde in Nyborg zwar auch gesprochen, es wurden jedoch keine konkreten Vereinbarungen getroffen.
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