: Nicaragua: Ein Major setzt sich zur CIA ab
■ Der Adjutant des Verteidigungsministers nahm Geheimdokumente und Scheckkarte in die USA mit
Aus Managua Ralf Leonhard
Ein persönlicher Adjutant des nicaraguanischen Verteidigungsministers Humberto Ortega und Träger militärischer Geheimnisse hat sich in die USA abgesetzt. Die Desertion des 34jährigen Majors Roger Miranda Bengoechea ist nach Meinung Ortegas der größte Verrat seit dem Absprung Eden Pastoras vor sechs Jahren. Wie unangenehm der Fall für die Sandinisten ist, beweist schon die Tatsache, daß Humberto Ortega mit dem gesamten Generalstab eine Pressekonferenz einberief. „Der Mann verfügte über Informationen, die zweifellos von den USA gegen unser Volk manipuliert werden können“, erklärte General Ortega. Als sich Major Miranda am 25.Oktober mit 15.000 US–Dollar und einer Scheckkarte des Ministeriums Richtung Mexiko aus dem Staub machte, kannte in Managua noch niemand die Hintergründe. Rückblickend kann sich Ortega jetzt erklären, warum sein Assistent in den letzten Wochen wichtige Dokumente besonders eingehend studierte. Es gelang ihm, unbemerkt Fotokopien über die Verteidigungsstruktur der Hauptstadt, die Luftwaffe, die Panzerbrigade und die Artillerie anzufertigen, „Informationen“, so der Minister, „die die CIA über ihre Satelliten und Spionageflugzeuge längst kennen“. Der Deserteur hat aber auch delikate Informationen über die Ausbaupläne der Armee mitgenommen, die zweifellos von hohem propagandistischem Wert für die USA sind. Nach Ansicht des Verteidigungsministers hat Miranda schon lange für die Gegenseite gearbeitet. Vermutlich ist er von der CIA kontaktiert worden, als er im September seine 15jährige Tochter in den USA besuchte. Seine Motive soll der Spion einem Arbeitskollegen anvertraut haben, den er aus den USA telefonisch aufforderte, seinem Beispiel zu folgen. Miranda fühlte sich offenbar frustriert, weil seine Arbeit zuwenig gewürdigt wurde und er bei den Beförderungen im vergangenen Juli übergangen worden war. General Ortega versicherte, daß sein ehemaliger Assistent weder über militärische Geheimdienstinformationen verfüge noch Details über Militärabkommen mit sozialistischen Staaten kenne, „doch wird er mit Gewißheit verwendet werden, um der Kampagne, die die USA gegen unser Land führen, Glaubwürdigkeit zu verleihen“.
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