Ost–Berliner Skins verurteilt

■ Bis zu zwei Jahren Haft für rechtsradikale Ost–Berliner, die ein Rock–Konzert in der Zionskirche überfallen hatten / Offensichtlich bestanden Kontakte zu West–Berliner Skinheads

Berlin (taz) - Die vier Ost–Berliner Skins, die Mitte Oktober ein Punkkonzert in der Zionskirche überfielen und dabei Naziparolen wie „Sieg heil“ riefen, wurden am Donnerstag vom Stadtbezirksgericht zu Haftstrafen zwischen einem und zwei Jahren verurteilt. Vorgeworfen wird den Rechtsradikalen „Rowdytum“ und „öffentliche Herabwürdigung“, wozu laut DDR–Strafgesetzbuch auch faschistische oder rassistische Äußerungen gehören. Alle Verurteilten müssen für den entstandenen Sachschaden gemeinsam aufkommen. Mit dem Strafmaß ist das Gericht in zwei Fällen unter den Anträgen der Staatsanwaltschaft geblieben, die Gefängnisstrafen zwischen 14 Monaten und zwei Jahren gefordert hatte. Als erwiesen betrachtete das Gericht auch die Beteiligung von mindestens sieben West–Berliner Skins an dem Überfall. Einer der Verurteilten, T. Brand, habe am Tage des Überfalls Westskins vom Grenzübergang Bahnhof Friedrichstraße abgeholt. Eine Strafverfolgung durch West–Berliner Behörden ist nach Auskunft von Justizpressesprecher Kähne nicht von der DDR–Generalstaatsanwaltschaft eingeleitet worden. Um die Kontakte nicht auf Jahre zu belasten, ist nach Ansicht von Ost–Berliner Friedensgruppen eine solche Strafverfolgung dringend notwendig. Die DDR– Presse, die erstmals ausführlicher als üblich über den Prozeß berichtet, erwähnte ebenfalls die Westkontakte unter den Rechtsradikalen nicht. Prozeßbeobachter und anwesende DDR–Journalisten bezeichneten das Urteil als überraschend milde und undifferenziert. Ein Vertreter der Zionskirche, der als Prozeßbeobachter teilgenommen hatte, äußerte vor allem Befremden darüber, daß der Überfall nur als „Vergehen“ und nicht als „Verbrechen“ eingestuft wurde. Mitglieder der Umweltbibliothek müßten wegen Zusammenschluß zur Verfolgung gesetzwidriger Ziele immerhin mit acht Jahren Gefängnis rechnen.