: Contra–Gespräche: direkt und in Nicaragua
■ Die sandinistische Regierung zeigt sich zu weitgehenden Konzessionen bereit: Die Gespräche mit der Contra werden erstmals ohne Vermittler und auf nicaraguanischem Boden stattfinden / Verteidigungsminister Humberto Ortega führt Managuas Delegation an
Aus Managua Ralf Leonhard
Kein Geringerer als Verteidigungsminister Humberto Ortega wird die nicaraguanische Regierung bei der nächsten Gesprächsrunde direkt und ohne die Vermittlung von Obando y Bravo mit der Contra vertreten. Der Dialog soll außerdem erstmals in Nicaragua stattfinden. Diese überraschenden Konzessionen teilte Präsident Daniel Ortega Mittwoch Kardinal Obando mit. Die Verhandlungen sollen vom 9. bis zum 11. März in Sapoa, an der Grenze zu Costa Rica über die Bühne gehen. Während in Managua Gerüchte kursierten, daß Erzbischof Miguel Obando y Bravo seine Funktion als Vermittler zwischen Regierung und Contras niederlegen und damit jede Aussicht auf baldige Waffenruhe zunichte machen würde, feilten die Sandinisten bereits an der Formulierung ihrer jüngsten Zugeständnisse gegenüber der bewaffneten Konterrevolution. Einen Tag vor der Kongreß–Abstimmung über das gemäßigte Paket der Contra–Hilfe sprang die Regierung in Managua über ihren eigenen Schatten und willigte in Waffenstillstandsver handlungen auf dem eigenen Territorium ein. Der Obando–Plan sieht vor, daß die Regierung einen Zeitplan für Totalamnestie aller in Haft verbleibenden Contras und Nationalgardisten vorlegt, volle Pressefreiheit gewährt, d.h. den Privatunternehmern einen Fernsehkanal einräumt, den nationalen Dialog mit der zivilen Opposition wiederaufnimmt und das Wehrdienstgesetz revidiert. Die Contras sollen sich im Gegenzug in noch genauer zu bestimmenden Zonen konzentrieren und einer einmonatigen Waffenruhe zustimmen. Daniel Ortega hat inzwischen diese Tagesordnung im Prinzip akzeptiert, weigert sich aber, mit den Contras über Verfassungsän derungen zu verhandeln, wie von diesen gefordert wird. Der Friedensplan von Guatemala, der den Rahmen für die Verhandlungen abgibt, sieht Waffenstillstandsgespräche ausdrücklich nur unter Beibehaltung der geltenden Verfassung vor. Die Sandinisten wollen offenbar verhindern, daß ein Stagnieren der Waffenstillstandsgespräche in den USA zum Anlaß genommen werden könnte, die Contras wieder verstärkt militärisch zu unterstützen. Seit dem 1. März sind Waffenlieferungen an die Contras illegal. In den letzten Monaten hat jedoch die Schlagkraft der von den USA ausgerüsteten Contra–Truppen zugenommen und verhindert jeden wirtschaftlichen Aufschwung.
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