: Markennamen - Klang bringt Kasse
■ Ein Schweizer Sprachforscher untersuchte 1.150 Marken– und Produktnamen / Vom Namenskürzel des Firmengründers über bedeutungsschwangere Assoziationen bis zum reinen Klanggebilde
Von Lorenz Wolffers
Dem in Windeln gewickelten Baby dürfte es zwar egal sein, doch der Name seiner Papierwindeln besteht nicht aus irgendwelchen sinnlosen Silben, sondern hat eine ganz konkrete Bedeutung. Die Bezeichnung „Pampers“ kommt nämlich vom englischen „to pamper“, was soviel wie verwöhnen oder hätscheln heißt, und wer wünscht das nicht für die lieben Kleinen. Die bekannten Windeln sind nur einer von 1.150 Markennamen, die der Basler Germanist Andreas Lötscher in seinem im Zürcher Artemis–Verlag erschienenen Buch „Von Ajax bis Xerox“ untersucht und erklärt hat. Viele Markennamen haben dagegen keinen konkreten Sinn. Oft sind es reine Phantasiebezeichnungen oder Lautmalereien. Demgegenüber sind vor allem bei Medikamenten die Markennamen oft Abkürzungen von komplizierten Fachbezeichnungen. Bei verschiedenen anderen Produktnamen besteht kein eigentlicher Zusammenhang zwischen dem Namen und dem Produkt. Gelegentlich beziehen sich die Bezeichnungen auch nicht auf das eigentliche Produkt, sondern beispielsweise auf die Verpackung. Ruhmreiche historische Namen tragen beispielsweise die beiden Waschmittel „Ajax“ und „Ariel“. Ajax ist der Name eines Helden aus der griechischen Sagenwelt, der bei der Belagerung Trojas Ruhm errang und eines Fußballvereins, zu dem „Meistermacher“ Max Merkel 1968 auch nur das Waschmittel einfiel, bevor er durch den damals 19jährigen Johan Cruyff eine 1:4–Vollreinigung erfuhr - der nostalgische K.. Ariel ist der Name des Luftgeistes in William Shakespeares Stück „Der Sturm“. Der Name erinnert an die alttestamentarischen Engelsnamen wie Gabriel oder Michael. Die poetisch–literarische Klangweise sei wohl der Grund gewesen, ein banales Produkt wie ein Waschmittel so zu benennen, um damit die gehobenen Ansprüche des Produktes zu unterstreichen, meint Lötscher dazu. Aus dem Lateinischen stammt der Name „Nivea“, den eine bekannte Hautcreme schon seit mehr als 80 Jahren trägt. Niveus/nivea bedeutet „schneeweiß“. Ursprünglich bezog sich diese Bedeutung auf die Haut der Frauen, die nach dem Schönheitsideal der damaligen Zeit vornehm blaß war. Trotz des veränderten Modebewußtseins wurde der Name beibehalten. Da ihn heute ohnehin kaum noch jemand verstehe, könnten die ursprünglich damit verbundenen Assoziationen bei Bedarf ignoriert werden, schreibt Lötscher. Neueren Ursprungs ist der Name für die Kaugummisorte „Bazooka“. Bazooka bedeutet in der amerikanischen Umgangssprache eine Panzerabwehrkanone. Der Name ist laut Lötscher eine stark übertreibende Anspielung auf das Platzenlassen von Kaugummiblasen, wofür sich der „Bazooka“–Kaugummi besonders gut eigne. Oft liegt der Sinn eines Markennamens viel näher, als der Betrachter vermutet: So ist die Kaffeemarke „Eduscho“ aus den Anfangsbuchstaben des Namens des Firmengründers entstanden. Dieser hieß nämlich Eduard Schopf. Ähnlich ging es bei den bekannten Gummibärchen von Haribo. Dort hieß der Firmengründer Hans Riegel, Beruf: Bonbonfabrikant. Auch die wohl den meisten ABC– Schützen bekannte Geha–Füllfeder ist nach dem Firmengründer benannt. Sein Name war Georg Hübner. Eine reine Verkürzung ist die Bezeichnung „Dim“ für eine exklusive Strumpfmarke. Ursprünglich hießen sie „Bas Dimanche“ (Sonntagsstrümpfe). Ein Beispiel für eine doppel deutige Abkürzung ist das legendäre Auto Citroen DS. DS heißt, wenn es laut gelesen wird, „Deesse“ (Göttin). Damit soll wohl gesagt werden, daß es sich bei dem Auto um eine göttliche Erscheinung handle. Auch der für die amerikanische Armee entwickelte Jeep hat seinen Namen von einer Abkürzung. „GP“ steht für „General Purpose“ (War Truck), was Lötscher in seinem Buch mit Mehrzweckkriegslastwagen übersetzt. Der deutsche Personenwagen „Audi“ hat seinen Namen vom Firmengründer, allerdings auf dem Umweg über das Lateinische. Der Gründer dieser Firma hieß Horch. Audi ist die Befehlsform des lateinischen Verbes audire, also horche! Viele Namen haben eigentlich gar nichts mit dem Produkt zu tun, sondern sollen nur ein bestimmtes Lebensgefühl vermitteln. Ein Beispiel dafür ist das Pflegemittel „Denim“, das hauptsächlich von Männern verwendet wird. Denim ist die Bezeichnung für den Baumwollstoff, aus dem die Blue Jeans hergestellt werden. Die „Denim“–Werbung verwendet denn auch bei der Anpreisung ihres Produkts einen mit einem Jeanshemd bekleideten männlichen Oberkörper. Der Name spielt auf eine „urwüchsig–männliche Freiheits– und Abenteuerlust“ an, jedenfalls hat das Lötscher ertastet. Auch der „Ragusa“–Schokoladenstengel hat nichts mit der eigentlichen Bedeutung des Namens zu tun. Ragusa ist der Name einer Stadt auf Sizilien sowie der italienische Name von Dubrovnik. Hergestellt wird „Ragusa“ aber in der Schweiz. Hier hätten wohl die Verkaufsstrategen damit gerechnet, daß der Name Ragusa beim Konsumenten positive Erinnerungen an den Süden weckt. Wer immer auch über die Bedeutung von „Kodak“ rätselt, wird zu keinem Ergebnis kommen. Der 1888 entstandene Markenname für Fotoausrüstungen und Filme ist nämlich eine völlig willkürliche Buchstabenkombination, wie Firmengründer George Eastman selbst einst in einem Brief geschrieben hat. „Sie wurde gefunden nach beträchtlichem Suchaufwand nach einem Wort, das alle Anforderungen an ein Wa renzeichen erfüllen würde; vor allem sollte es kurz, unverwechselbar... und von klarer und kraftvoller Schreibung sein“, heißt es in dem Brief von Eastman. „Der Behauptung, daß Warennamen meist (poetische) Schöpfungen seien, scheint zu widersprechen, daß seit einigen Jahren Markenbezeichnungen auch mit dem Computer konstruiert werden“, schreibt Andreas Lötscher im Anhang zu seinem Buch. Der Computer kann jedoch lediglich eine Liste von Wörtern konstruieren, die eine Reihe von bestimmten Eigenschaften erfüllen. Der Programmierer legt beispielsweise fest, daß ein Wort zweisilbig sein soll, in der Mitte zwei gleiche Konsonanten haben muß und mit einem bestimmten Buchstaben beginnen soll. Der Computer schreibt aufgrund dieser Angaben eine lange Liste mit möglichen Produktnamen. Er kann aber nicht entscheiden, welche dieser Buchstabenkombinationen die beste ist. Diese Entscheidung liegt weiterhin beim Menschen - dem sollen die Laute schließlich in den Sinn gehen. ap
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