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Panamas Kampf ums Geld

■ Die panamaische Regierung versucht, die Banken des Landes zur Öffnung der Schalter zu zwingen

Aus Panama Ralf Leonhard

In Panama wurde zum Wochenbeginn erwartet, daß das Militär die Banken des Landes stürmte, um so die Wiedereröffnung der Geldinstitute zu erzwingen. Die Regierung hatte am Sonntag die 117 Banken ultimativ aufgefordert, ihre Tore zu öffnen. Zwei Tage zuvor hatte die „Associacion Bancaria“, in der sich etwa 120 ausländische und nationale Banken zusammengeschlossen haben, bekanntgegeben, die Geldinstitute würden sich weigern, der Regierung die zwölf Millionen Dollar auszuhändigen, die sie ihr schulden. Seit Freitag schuldet die Regierung den 15.000 Armeeangehörigen zwei Monatsgehälter in Höhe von insgesamt neun Mio. Dollar. Am Montag wurden zudem Rentenzahlungen von 6,7 Mio. fällig. Schon am letzten Zahltag Mitte März mußten sich die 150.000 Staatsangestellten mit 75 US– Dollar in bar zufriedengeben. Der Rest des staatlichen Gehalts wurde, wenn überhaupt, in Schecks ausgezahlt. Deren Wert ist aber begrenzt, solange Banken und Supermärkte geschlossen sind. Die Unternehmen, darunter alle großen Supermarktketten, sind seit 21. März im unbefristeten Streik, der den Sturz Noriegas zum Ziel hat. Die Regierung bemüht sich krampfhaft, alles Erdenkliche an Geldquellen aufzutun. Nachdem Präsident Delvalle am 26. Februar versucht hatte, Noriega abzusetzen und dann selbst gehen mußte, wurden alle Guthaben der panamaischen Nationalbank in den USA eingefroren. Die Regierung mußte daraufhin am 4. März die Schließung der einheimischen Banken wegen mangelnder Liquidität anordnen. Die Panamaer, die angesichts der Krise vermehrt ihrem Land den Rücken kehren, sollen nun mit einer Ausreisekaution zur Kasse gebeten werden. Fortsetzung Seite 6 Kommentar Seite 4 Auch die Paßgebühren sollen erhöht werden. Derzeit kassieren Beamte für beschleunigte Ausstellung eines Reisepasses 50 bis 70 Dollar „Trinkgeld“. Die Flughafengebühr ist bereits auf 30 Dollar verdoppelt worden. Multinationale Unternehmen, die in Panama zu Spezialkonditionen Millionenprofite machen, wurden gebeten, ihre Ende März fälligen Steuern und sonstigen Abgaben umgehend und in bar zu entrichten. Das alles reicht aber nicht, um in den nächsten Tagen alle Gehälter auszahlen zu können. Verhandlungen der Regierung mit den einheimischen Privatbanken über beschränkte Wiederaufnahme des Betriebes sind am Widerstand der oppositionellen Banker gescheitert. Nun ist offensichtlich der staatliche Eingriff in Banken geplant. Dort ruhen zwar nominelle rund vier Milliarden Dollar an Einlagen, doch machen die tatsächlich vorhanden Barbestände nur einen winzigen Bruchteil davon aus. Übersteigt doch die gesamte in Panama normalerweise zirkulierende Geldmenge nicht 150 Millionen Dollar. Von den 118 ausländischen Geschäftsbanken haben einige sich bereits vor Monaten abgesetzt, darunter die First Bank of Chicago, die größte in Panama operierende Bank. Andere haben in den letzten Wochen einfach ihre Barbestände aus dem Land geschafft. Manche Banker sollen sogar er wägen, ihre Dollarbestände unter Beiziehung eines Notars zu vernichten. Wirtschaftsexperten schätzen, daß Panamas Banken mindestens 400 Millionen Dollar benötigen, um der Wiederaufnahme des Betriebes gewachsen zu sein. Solange sich Noriega jedoch an die Macht klammert, wird Panama von jeder ausländischen Finanzhilfe abgeschnitten bleiben. Die Weltbank hat im Vorjahr schon die Auszahlung der zweiten Tranche eines Kredits von 100 Millionen Dollar suspendiert. Die USA stellten ihre Wirtschafts– und Waffenhilfe gänzlich ein und unterstützen nur noch den Privatsektor. Auch die Deutsche Bundesregierung brach Mitte 1987 alle bilatere Zusammenarbeit ab. Im Juni erklärte sich Pana mas Regierung zahlungsunfähig. An die Zahlung von rund 228 Millionen Dollar an Zinsen und Tilgungsraten, die laut Finanzexperten dieses Jahr von der fünf Milliarden Dollar Auslandsschuld fällig werden, ist nicht zu denken. Die Führung des oppositionellen Nationalen Bürgerkreuzzuges hat im August 1987 in einem Rundschreiben an alle Regierungen und internationalen Finanzinstitute der Welt angekündigt, daß sie als künftige Regierung Panamas neu aufgenommene Kredite nicht zurückzahlen werde. Betrugen die Währungsreserven Panamas vor einem Jahr noch an die 600 Mio Dollar, so sind sie inzwischen auf maximal 800.000 Dollar zusammengeschrumpft. Die Regierung denkt inzwischen laut über die Herausgabe einer eigenen Währung nach, eine Idee, die von den linken Gewerkschaften unterstützt wird. Für den Finanzberater Jose Diaz Seixas, einem führenden Mitglied des Bürgerkreuzzuges, wäre dieser Schritt jedoch Wahnsinn: „Ohne gesunde Wirtschaft, die sie stützt, würde die Währung rasch verfallen“. Mit dem Abgang Noriegas würde sich die Situation schlagartig ändern: In Washington wird inoffiziell von einer Soforthilfe im Bereich von 400 bis 500 Millionen Dollar an eine genehme Übergangsregierung gesprochen. Und die Bundesregierung hat, so Ricardo Arias Calderon, der Chef der panamaischen Christdemokraten, nicht nur die Wiederaufnahme, sondern auch die Steigerung der Kooperation zugesagt.

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