: Neuer Gift–Bonus für Buschhaus
■ Niedersächsische Landesregierung genehmigt 5.000 Tonnen Schwefeldioxid zusätzlich als „geringfügige Überschreitung“ / „Gefährdete Arbeitsplätze“ als Hauptargument / Erneute Strafanzeige von BI–Anwalt Geulen
Von Manfred Kriener
Berlin (taz) - Die niedersächsische Landesregierung hat den Kohlekraftwerken Buschhaus und Offleben 5.000 Tonnen Schadstoffe zusätzlich spendiert und damit den seit Monaten anhaltenden Streit um die Einhaltung des Gift– Grenzwertes auf ihre Art beendet. Umweltminister Remmers (CDU) sprach am Mittwoch von einer „lediglich geringen Überschreitung“, die er im Rahmen seines „Ermessensspielraums nach §20 Bundesimmissionsschutzgesetz“ genehmigt habe. Als Grund für diesen zusätzlichen Gift–Bonus nannte Remmers ausschließlich die drohende Kurzarbeit und Erhaltung der Arbeitsplätze. Er habe seinen Ermessenspielraum zum Wohle der Arbeitnehmer genutzt. Eine Umweltpolitik, die sich über die Interessenlage der Arbeitnehmer und ihrer Familien hinwegsetze, sei unverantwortlich, sagte Remmers. Die Bezirksregierung Braunschweig wurde von Remmers angewiesen, bei einer Überschreitung der Grenzwerte nicht gegen die Braunschweigische Kohlenbergwerkew (BK) vorzugehen. Mit dieser Entscheidung von Albrechts Umweltministers dürfen über die vertraglich vereinbarten 35.000 Tonnen Schwefeldioxid hinaus bis zum 30. Juni dieses Jahres 40.000 Tonnen emittiert werden. Der 35.000 Tonnen Grenzwert kann von der Betreiberin BKB nicht eingehalten werden, weil die „modernste Ent schwefelungsanlage der Welt“ (O–Ton Albrecht) auch zehn Monate nach ihrer offiziellen „Inbetriebnahme“ noch nicht funktioniert. Buschhaus war allerdings nur mit der ausdrücklichen Auflage in Betrieb gegangen, daß 35.000 Tonnen Schwefeldioxid jährlich nicht überschritten werden dürfen. Auch Remmers hatte mehrfach erklärt, daß er hier hart bleiben werde. Der Buschhaus–Kläger und grüne Bundestagsabgeordnete Jochen Brauer und sein Anwalt Rei ner Geulen kündigten gestern erneut rechtliche Schritte gegen die „Fortsetzung der Skandalchronik“ von Buschhaus an. Geulen erneuerte seine (im Dezember abgewiesene) Strafanzeige wegen illegalen Betriebs des Kraftwerks durch die BKB. Umweltminister Remmers wurde wegen Beihilfe ebenfalls angezeigt. Die Überschreitung des maximalen Jahresausstoßes von 35.000 Tonnen Schadstoff könne nicht geduldet werden. Sie erfordere ein neues Genehmigungsverfahren mit Bürgerbeteiligung. Geulen warf Betreibern und Aufsichtsbehörde „arglistiges Zusammenwirken zum Zecke der Gesetzesumgehung“ vor. Jochen Brauer sagte, daß keine Arbeitsplätze gefährdet wären, wenn die BKB weiterhin Heizöl anstelle der Schwefelkohle verwendet hätte. Entgegen allen vollmundigen Erklärungen sei Remmers jetzt umgefallen und zum Handlanger der Energiewirtschaft geworden, zum „Luftverschmutzer von Amts wegen“.
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