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"Gewalt erzeugt Gegengewalt"

■ Besetzer und Besetzerinnen des Norbert Kubat-Dreiecks zum Lebensgefühl und Belagerungszustand des Platzes

„Gewalt erzeugt Gegengewalt“

Besetzer und Besetzerinnen des Norbert Kubat-Dreiecks zum

Lebensgefühl und Belagerungszustand des Platzes

Mann A. (26): „Am Anfang war ein gutes Lebensgefühl auf dem Platz. Jetzt isses der äußere Feind, der alles bestimmt, jedes dritte Gespräch dreht sich um Vorfälle mit den Bullen. Das ist eine totale Wandlung von einem inneren Gefühl zu einem Gefühl, was von außen diktiert wird. Das Ergebnis ist eine gewisse Militarisierung. Das ist der betrüblichste Effekt, daß das System, das man eigentlich bekämpft, hierrein übertragen wurde.“

Mann B. (26): „Es ist nicht so, daß jetzt alle nur wild durcheinanderrennen und Befestigungsanlagen bauen und auf die Bullenprovos einsteigen. In Einzel- und Gruppengesprächen beschäftigen wir uns nach wie vor damit, Strukturen aufzubauen und versuchen das Leben auf dem Platz in unserem Sinne zu gestalten: die Landwirtschaft, das Müllproblem in den Griff kriegen, denn zig Leute, die hier nur zum Gucken kommen, die achten nicht darauf, wo sie ihren Müll liegen lassen.“

Mann C. (33): „Aber das sind Interna, die in den Griff zu kriegen sind. Viel schlimmer ist die Bedrohung von außen, die Belagerung durch die Bullen. Wenn die nicht wäre, hätten wir Luft zum Atmen. Ich könnte dann zum Beispiel wieder arbeiten gehen. Seit gestern gehe ich nicht mehr, weil ich nicht weiß, ob ich dann wieder reinkomme. Ich muß besonders vorsichtig sein, weil ich momentan der einzige Sani auf dem Platz bin.“

B.: „Ich finde auch, daß möglichst viele Leute möglichst lange hier bleiben sollten. Es nützt nichts, wenn Besucher kommen und sagen, ach ist das toll hier und ist das schlimm draußen, und doch wieder gehen. Aber wir können natürlich nicht sagen, ihr müßt hierbleiben.“

Frau (27): „Mit ihrer Provokation wollen die Bullen doch erreichen, daß die Leute abhauen. Zum Teil haben sie es ja schon erreicht, daß Leute vom Platz gegangen sind, weil sie totalen Schiß bekommen haben.“

Mann D. (23): „Ich hatte auch Angst, als sie in der Nacht zu Montag mit Scheinwerfern aufgefahren sind und mit der Absperrung angefangen haben. Ich kriege jetzt noch eine Gänsehaut, wenn ich daran denke.“

C.: „Dadurch, daß sie die Bellevuestraße in ganzer Breite gesperrt haben, kommen natürlich auch die Touris nicht mehr ran. Mit denen jetzt noch Gespräche zu führen, ist eine brenzlige Angelegenheit, weil man dann an den Bullen vorbei muß. Somit machen die Öffentlichkeitsarbeit jetzt praktisch die Bullen. Wie die aussieht, kann man sich ja vorstellen.“

B.: „Als die Touris noch rankamen, war das zwar wie im Zoo, aber das war positiv, weil man dadurch noch ein bißchen Unterstützung von außen bekam.“

D.: „Jetzt ist es wie ein Lager, wo man eine bestimmte Sorte von Leuten konzentriert.“

B.: „Jetzt ist alle paar Minuten an irgendeiner Ecke was los: Mußte hinrennen, mußte Angst haben, daß wieder irgendjemand abgegriffen wird. Man kann einfach nur sagen, es ist Scheiße, wenn hier irgendwie Militanz praktiziert wird, weil das eigentlich nicht das Ding ist, was wir wollen. Aber wenn wir weiter dazu gezwungen werden, dann ist das ganz natürlich, Gewalt erzeugt Gegengewalt, und es ist nur eine Frage der Zeit, wie lange du dich gegen diese Gewalt von außen abschotten kannst.„Plutonia Plarre

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