Mobil läßt springen

■ Der „Olympische Tag“ im Ost-Berliner Jahn-Sportpark erstmals mit westlicher Bandenwerbung und unter der Sponsorenschaft des Öl-Multis „Mobil“

Berlin - geteilte Stadt. Rathaus, Fernsehturm, 750-Jahr -Feier, Musikkonzert und Strandbadvergnügen - alles gleich doppelt da. Wen wundert es da, daß auch sportliche Spektakel als Zwillinge in Berlin zu finden sind. In der Leichtathletik besuchen die Ost-Berliner seit 26 Jahren den „Olympischen Tag“, im Westen gibt's seit 1937 das Internationale Stadionfest (Istaf).

Das Istaf fand unberührt von Faschismus und Krieg auch in den Jahren zwischen 1937 und 1942 im Olympiastadion statt. Die Nazis mischten kräftig mit bei der Organisation. Viel später dann - Mitte der siebziger Jahre - begann der große Rummel um das Geld, um Zuschauerzahlen und immer neue Rekorde. Das Istaf wurde zum Zirkusplatz der westlichen Leichtathletikstars, die Veranstaltung verwandelte sich in eine monumentale Show und wurde zum Zeichen der Ordnung des Geldes und der Medien. Natürlich kletterten die Eintrittspreise, der Starkult wurde gepflegt.

Im Osten dagegen tuckerten die Leute nach dem Mauerbau in ihren Trabis zum Jahn-Sportpark, pilgerten zum Prenzlauer Berg. Dort bewunderten sie die immer stärker werdenden DDR -Leichtathletikelite. Garniert wurden die Stars von anderen Superleistern aus dem Ostblock, man/frau war unter sich. Nur ab und an verirrten sich ein paar Athleten aus dem „kapitalistischen Ausland“ in das direkt an der Mauer gelegene Stadion. Die Eintrittspreise waren (und sind) spottbillig, genauso wie die heiß geliebten Currywürstchen. Es war halt nicht die Show, die zählte, sondern der pure Sport, die Sportschau.

Doch die Zeiten ändern sich, und mit ihnen auch der Olympische Tag. Am letzten Mittwoch bei der 26. Auflage der Wettkämpfe flitzten die Läufer an der sonst nur aus dem West -Berliner Olympiastadion bekannten Bandenwerbung vorbei. Robotron neben Commodore, Mercedes und Coca-Cola. Ein DDR -Reporter meldete stolz, daß 195 Journalisten aus 24 Ländern und zehn Fernsehstationen live dabei waren. Und auch das Raubtier Geld hat seine Klauen ausgestreckt.

Die Bestie hat übrigens auch einen Namen: Mobil. Der transnationale Ölkonzern steckte vor vier Jahren seine (schmierigen) Finger in die Leichtathletik und sponsert seitdem die großen Meetings mit 760.000 Dollar jährlich. Das ganze heißt „Mobil Grand Prix“ und geht so: Die Athleten sollen übers Jahr von London über Zürich nach San Jose/USA die westliche Hemisphäre abklappern und Punkte für Leistungen sammeln. Dafür gibt es Prämien. Der Disziplinsieger bekommt 10.000 Dollar, der Gesamtsieger 25.000 nach 16 Wettkämpfen.

Neuerdings sollen, wollen oder dürfen die Ostblock-Athleten Punkte mitsammeln. In Bratislava, Budapest, Leningrad und eben auch in Ost-Berlin kann man Punkte für US-Dollar sammeln. Genau das taten die inzwischen beinahe unschlagbaren DDR-Athleten auf ganzer Linie. Die Nationalstaffel der Ostfrauen lief in 42,3 Sekunden eine neue Jahresbestzeit, 400-Meter-Star Thomas Schönlebe ließ in 44,99 den Verfolgern keine Chance, Petra Felke jagte den Speer 74,92 Meter über den Platz, und und und... Fleißiger als die zahlreichen Konkurrenten aus dem Westen waren die DDR-Stars allemal. Abgerechnet wird übrigens am 26. August, pikanterweise im Olympiastadion beim „IAAF Mobil Grand Prix Finale“. Die Liste der Stars der Veranstaltung: „Titelsponsor“ Mobil, knapp gefolgt vom „offiziellen Sponsor“ Fuji, danach der „Service-Sponsor“ Seiko und abgeschlagen der „nationale Sponsor“ Pfennigs Feinkost. Guten Appetit!!

Joop Springer