: Albrecht-Riege schrumpft
Kultusminister Knies zurückgetreten / CDU-Landtagsfraktion habe seine Arbeit unerträglich erschwert / Knies bundesweit bekannt durch „Luxus-Klo“ ■ Aus Hannover Jürgen Voges
Die Krise der niedersächsischen Landesregierung dauert an. Ministerpräsident Ernst Albrecht, der in der vergangenen Woche noch versichert hatte, es werde nach Hasselmann keine weiteren Ministerücktritte in Hannover geben, wurde gestern von der Demission seines Kultusministers Wolfgang Knies überrascht. Der 54jährige Professor, den Albrecht erst im Zuge einer für Januar geplanten Kabinettsreform ablösen wollte, hatte es offenbar satt, den Kultusminister auf Abruf zu spielen.
In einer Erklärung zu seinem Rücktritt warf Knies der Spitze der CDU-Landtagsfraktion vor, auf seine Ablösung gedrängt und eine wirkungsvolle Arbeit unerträglich erschwert zu haben. Manche der aus der Fraktionsspitze in die Öffentlichkeit lancierten und in der Presse kolportierten Äußerungen hätten die Grenze überschritten, die ihm die Selbstachtung setze, erklärte der beleidigte Knies gestern morgen.
Einen Nachfolger für Wolfgang Knies hat Ernst Albrecht bisher nicht parat. Durch den Rücktritt des Kultusministers werde die Terminplanung des Ministerpräsidenten „ein wenig beeinträchtigt“, hieß es gestern auch in der Staatskanzlei in Hannover. Eine Entscheidung über die Person des neuen Kultusministers werde aber bis Ende der nächsten Woche fallen. Nach seinen letzten Plänen hatte Ernst Albrecht vor einem Auswechseln seines Kultusministers erst die Abstimmung des Landtages über das anstehende konstruktive Mißtrauensvotum abwarten wollen.
Der gestern zurückgetretene Kultusminister Knies, der bis 1985 bereits in der Saarländischen Landesregierung als Kultus- bzw. Justizminister fungiert hatte, war von Ernst Albrecht im Mai 1987 bereits gegen den Widerstand der CDU -Fraktion nach Hannover berufen worden, die schon damals das Amt mit einem der ihren besetzen wollte. Über die Landesgrenzen hinaus bekannt wurde der Jura-Professor nur dadurch, daß er sich in Zeiten ärgster Finanznot des Landes für 57.164,29 Mark Klo und Dusche in sein Ministerbüro einbauen ließ.
Die Grünen im Landtag nannten gestern den Rücktritt des Ministers dessen „erste richtige und verantwortungsvolle Tat“, und der SPD-Landesvorsitzende Johann Bruns sprach „von einem gnadenlosen Kampf der Gruppen in der CDU gegeneinander“. Fortsetzung auf Seite 2
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In der CDU-Fraktion wird als Nachfolger von Knies deren bildungspolitischer Sprecher Horst Horrman favorisiert, der schulpolitisch den bisherigen Minister doch noch gerne rechts überholen möchte.
Die CDU-Fraktion im Landtag hat gestern den hannoverschen CDU-Bezirksvorsitzenden Jürgen Gansäuer mit 60 gegen sieben Stimmen zum Nachfolger ihres bisherigen Vorsitzenden Josef Stock gewählt, der in der vergangenen Woche das Innenressort im Landeskabinett übernehmen mußte.
Eine weitere niedersächsische Personalentscheidung stellte gestern noch einmal klar, auf welcher Seite die FDP bei dem SPD-Mißtrauensvotum gegen Albrecht stehen wird, über das der Landtag wahrscheinlich kurz vor Weihnachten zu entscheiden hat. Nach einer Schamfrist erklärte sich der rechtspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, der Abgeordnete Rudolf Fischer, gestern bereit, den Posten des Staatssekretärs im Bundesratsministerium zu übernehmen, der durch den Wechsel des bisherigen FDP-Staatssekretärs Stefan Diekwisch ins Innenministerium freigeworden war.
Der FDP-Abgeordnete Fischer, der in der vergangenen Legislaturperiode den Mauss-Untersuchungsausschuß des Landtages initiiert hatte, war in den vergangenen Monaten als schärfster koalitionsinterner Kritiker von Wilfried Hasselmann aufgetreten und hatte mehrfach öffentlich mit dem Ausscheren aus dem Regierungsbündnis gedroht.
Im Mai dieses Jahres hatte der FDP-Abgeordnete für eine Abstimmungsniederlage der Koalition im Landtag gesorgt, als er sich weigerte, für die Aufhebung der Immunität des grünen Abgeordneten Hannes Kempmann zu stimmen. Um Staatssekretär im Bundesratsministerium werden zu können, muß Fischer nun sein Landtagsmandat niederlegen und wird somit an der Abstimmung über das Mißtrauensvotum nicht mehr teilnehmen.
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