: Musik für dicke Ohren
■ Highlights aus der Punk- und Indie-Szene / Konzertvorschau November
So grau, wie Kollege JÜS den November fürchtet, wird er gar nicht. Die Tage werden zwar noch ein wenig kürzer, ein bißchen feuchter und vielleicht kühler, aber dafür werden die Nächte lang. Das müssen sie auch, wie ein Blick auf das Musikangebot der nächsten Zeit bestätigt. Harte, schräge, laute, mitreißende aber auch dezente Töne werden schon dafür sorgen, daß allen Bewegungswilligen die Hitze von den Füßen in den Körper steigen wird. Change Music, die unermüdlichen Ausrichter von schon fast legendären Punk-und Indiekonzerten, werden 10 Jahre alt. Acht Bands der Kategorie „Schneller, Härter, Besser“ werden an zwei Tagen für gepflegte Unruhe in den Mauern des Schlachthofes sorgen. Heute abend, 4.11. im Magazinkeller: M.S.T. aus Paris, auf französisch selbstverständlich, L.W.S., eine Friesencombo, deren Bandname Leberwohlstand präzise Rückschlüsse auf ihre Einstellung zu Hardcore zuläßt, sowie Tuned Dum Dum Boys aus der Pferdemetropole Verden.
Alle auswärtigen BesucherInnen und sonstig Bedürftige werden im beheizten, gelüfteten(!) und gereinigten Aufführungsort eine Lagerstatt für die Nacht vorfinden, Veranstalter Change hat's versprochen. Am Sonnabend, 5.11. wird das Geschehen in die Kesselhalle nach oben verlegt, so daß auch Menschen mit etwaigen Schwellenängsten sicher und vor allem unberührt zeitgenössischer und inernationaler Rockmusik der ruppigen Art lauschen können. Dezerter aus Warschau sind eine der jüngsten Entdeckungen auf der polnischen Szene, obwohl sie eine eingespielte Formation sind. Wörterbuch nicht vergessen! Aus den Weiten der USA fanden auch Angry Red Planet den Weg ins Bremer Punk-Mekka, genauso wie die holländischen Swampsurfers undKollaps aus Süddeutschland. Mit F.F.F. aus Bonn stellt sich zur Abrundung ein Quartett mit Violinistin vor, deren Kürzelauflösung „Frieden, Feifen, Ficken“ auch nicht gerade Schlagermusik erwarten läßt.
Namensschwierigkeiten ganz anderer, wesentlich ernsterer Art verursacht eine amerikanische Band am 8.11. im Römer. Rapeman ist die ganz und gar unwerte Benennung des Trios. Die japanische Comicfigur gleichen Namens wird als Vorbild vorgeschoben, doch als „Vergewaltiger“ im Konzertgeschehen zu firmieren, geht eindeutig über alle vertretbaren Grenzen hinaus. Musikalisch sind ihre Wurzeln bei Scratch Acid und Big Black allerdings allererste Referenzen, das Publikum mag seine eigenen Ekelgrenzen definieren. Nicht vergessen sollte der Auftritt von Marc Almond and La Magia am 16.11. im Modernsten werden. Der Ex-Soft Cell-Musiker hat neben Brel, Baudelaire und Rimbaud inzwischen noch weitere Klassiker vertont, ein spannender Gig wird's allemal.
Cool J.F.
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