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Fesselballons warten vergebens auf Tiefflieger

■ Wegen schlechter Sicht wurde die gestern geplante Wiederaufnahme der Tieffliegerei verschoben

Berlin (taz) - Tieffluggegner allerorten waren gestern gut sichtbar mit Transparenten und Fesselballons vorbereitet, doch die Objekte ihrer Proteste blieben ungesehen und ungehört. Die für den 2.Januar geplante Wiederaufnahme des Tiefflugbetriebs mußte verschoben werden. Wegen schlechter Witterungsverhältnisse stieg nach Angaben des Bundesverteidigungsministeriums kein einziger Düsenjäger der Luftwaffe zum Tiefflug auf. Und auch die Nato-Verbündeten schickten keine der gefürchteten Maschinen in die Luft, da die für Tiefflüge erforderliche Mindestsichtweite von fünf Kilometern nicht gegeben war.

Währenddessen waren die Gegner der Niedrigstflüge an der Weinstraße mit einer Kette von „gewaltfreien Abstandsmessern“, sprich aufsteigenden Fesselballons, gewappnet, um sich die donnernden Maschinen vom Leib zu halten. Seit gestern früh weht am traditionsreichen Hambacher Schloß, dort wo normalerweise die Bundesflagge flattert, ein zwei Meter großer Fesselballon mit der Forderung nach Tiefflugstopp. Kurzzeitig zierten überdimensionale Transparente nicht nur die historische Schloßmauer in Hambach, sondern auch die pfälzische Wachtenburg und den Flaggenturm in Bad Dürkheim. In Landau an der Weinstraße protestierten Tieffluggegner in der Innenstadt mit schwarzen Ballons als Zeichen der Trauer über die Wiederaufnahme der Fliegerei. In der Südpfalz wurden die Protestaktionen großenteils überparteilich von den gesamten Gemeinden inklusive der Bürgermeister getragen.

Die gestrigen Proteste sollen nur ein Auftakt für künftige Aktionen sein. Am 21.Januar wollen die Tieffluginitiativen auf einem bundesweiten Treffen einen gemeinsamen Aktionsplan für das kommende Jahr beraten. Seit gestern werden sich überall im Bundesgebiet auch die diversen Behörden mit dem Thema Tiefflug befassen müssen.

An jedem Tag, an dem tiefgeflogen wird, wollen Tieffluggegner jeweils an ihrem Ort bei der Polizei Anzeige gegen Verteidigungsminister Scholz erstatten. Nach ihrer Argumentation verstößt nämlich die Anweisung zum Tiefflug gegen das Luftverkehrsgesetz, das eine Sicherheitsmindestflughöhe vorschreibt. Abgesehen davon, daß die zahlreichen Anzeigen bei den Behörden zu erheblichen Turbulenzen und Kompetenzgewirr führen werden, erhoffen sich die Tieffluginitiativen von dieser Kampagne, daß irgendwann einmal ein ziviles Gericht überprüfen muß, ob Flüge unterhalb der 450 Meter-Grenze überhaupt rechtlich zulässig sind.

In die Front der Tieffluggegner reihte sich gestern auch der baden-württembergische Fraktionsvorsitzende der FDP, Kiel, ein, der einen Stopp dieser Flüge forderte und den Militärs mangelnde Sensibilität gegenüber den Empfindungen der Bürger vorwarf. „Nur mit Offenheit und nicht mit Arroganz“ könnte das gesunkene Vertrauen in die Bundeswehr wiederhergestellt werden, meinte Kiel. In zwei Anträgen wollen die südwestdeutschen Liberalen auf ihrem Dreikönigsparteitag den Stopp der Tiefflüge forden, die „sowohl wegen der Gefahr für die Bevölkerung als auch vom wirtschaftlichen Standpunkt her unverantwortbar“ seien.

Doch davon will man im Bundesverteidigungsministerium nichts wissen. Auf Tiefflüge könne auch in Zukunft nicht verzichtet werden, echote Minister Scholzens frischinstallierter parlamentarischer Staatssekretär Willy Wimmer.

Vera Gaserow

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