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Turnerfreie Hasenheide

■ Sportsenatorin Laurien lehnte den Bau einer multifunktionalen Sporthalle in der Hasenheide kurz vor den Wahlen ab / Neuköllns letztes Grün bleibt erhalten

Der Idee des Präsidenten des Berliner Turnerbundes (BTB), Günter Langrock, in der Hasenheide eine multifunktionale Sporthalle zu bauen, wurde gestern von Sportsenatorin Laurien eine scharfe Abfuhr erteilt. In einem Gespräch zwischen Laurien und Langrock verdeutlichte die Sportsenatorin nach Informationen der taz dem Turner-Chef, daß dieser Standort nicht mehr in Frage kommt. Damit ging Laurien kurz vor den Wahlen jedem Verdacht aus dem Wege, daß sie eine Zubetonierung der Grünanlagen zulassen werde. Andererseits wurde von Senatsseite jedoch signalisiert, daß ein solches Großbauprojekt an einem weniger „empfindlichen“ Ort unterstützt würde.

Langrock hatte sich im Dezember vergangenen Jahres - die taz berichtete - für einen Bau in der Hasenheide ausgesprochen, weil die Turner ein „historisches Anrecht“ auf diesen Platz hätten, da am Jahndenkmal die Turnbewegung gegründet worden sei. Noch in der Januarausgabe der „Berliner Turnzeitung“ hatte sich Langrock unter dem Motto „Warum wir Turner in der Hasenheide bauen wollen“ für die Betonierungsabsichten auf Neuköllns letztem Grün stark gemacht.

Einigkeit hingegen herrschte bei dem Gespräch, daß der Begriff „Landesturnschule“ nicht mehr auftauchen soll, weil er mit der Hasenheide falsch assoziiert werden könnte. Nunmehr soll nur noch von einem „Zentrum für Turnen, Freizeit- und Breitensport“ die Rede sein, dessen Standort noch gefunden werden muß. Damit bahnt sich jedoch ein Etikettenschwindel an. Denn zur Finanzierung des 200 -Millionen-Projektes schielt der Turnverband auf das Programm für „Freizeitsportorientierte Vereine“, aus dessen Topf schon Sportanlagen für Clubs wie den FC Siemensstadt und TV Guths Muths geschaffen wurden - Neuland also für eine Verband. Das heißt im Klartext nichts anderes, als daß unter dem Vorwand, Schulen, Kindergärten und Behindertengruppen eine zusätzliche „Übungs- und Betätigungsmöglichkeit“ zu bieten, nun eine „Landesturnschule“ mit Mitteln aus Senatsfond, Lotto, Toto sowie des Bundes hochgezogen werden soll, die jedoch vorrangig dem Hochleistungssport zur Verfügung stehen wird. Offizielle Stellungnahmen zu diesem Komplex waren gestern nicht zu bekommen. Der Pressesprecher der Senatorin Laurien, Günter Spanier, wollte sich nicht nähergehend zu der Entscheidung von Laurien äußern. Das Ganze, so Spanier, müsse in aller Ruhe abgewartet werden. Er wolle den abschließenden Gesprächen nicht vorweggreifen. In einer Pressemitteilung teilte der Landessportbund gestern mit, daß eine Arbeitsgruppe für eine Detailkonzeption für das Projekt eingesetzt werde, die auch einen geeigneten Standort suchen soll.

hosch/th.d.

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