: L E U T E V O N H E U T E
■ K L A T S C H V O N G E S T E R N
Die „Strada“ rief, und alle, alle kamen sie. Wie immer, wenn in diesen ereignsreichen und diskussionserfüllten Tagen sich die Gelegenheit bietet, zu sehen, gesehen zu werden und heftigst Meinungen auszutauschen, trafen sich die Berliner Szene und die Journaille anläßlich der Eröffnung der neuen Medienkneipe „Strada“ en masse. Gleich unter den Räumlichkeiten von Radio 100 in der Potsdamer Straße drängelten Otto Schily und einige seiner Anwaltskollegen. Neben vielen taz- und SFB-Journalisten kamen auch die Kollegen vom nahegelegenen 'Tagesspiegel‘ zum Stelldichein. Selbst Jan Tonnemacher, seines Zeichens Mitglied des Planungsstabes des SFB-Intendanten, mischte sich unters Volk. Unters Volk gebracht wurde bei der Gelegenheit auch gleich eine Gratis-Ausgabe des 'Tagesspiegel‘ von dessen Leiter der Vertriebsabteilung, der einiges von den taz -Handverkäufern gelernt zu haben scheint.
Vom Drang, mitzureden und dabeizusein, ist derzeit auch wieder Wolfgang Schenk, Ex-AL-Mitglied und Ex-AL -Abgeordneter erfüllt. Er begrüßte in einer Presseerklärung die drei Essentials, die SPD-Chef Walter Momper gegenüber der AL formulierte. Daß Wolfgang Schenk mit unkenntlich gemachtem Namen weiter im Gespräch bleibt, dafür sorgte die 'FAZ‘. Einen Klaus Schenk hat nämlich inzwischen der 'FAZ' -Korrespondent Ralf Georg Reuth ausgemacht. Der Mann, der insbesonders in letzter Zeit wieder einmal zeigt, wie man ohne die geringste Kenntnis, aber mit viel rechter Ideologie einen dummen Artikel nach dem anderen produzieren kann, benutzte besagten Klaus Schenk von der AL, „einer ihrer ausgetretenen Funktionäre“, als Kronzeuge für den „primitiven Antikapitalismus“ der Partei.
Der Berliner SPD-Bundestagsabgeordnete Peter Mitzscherling wird langsam sauer über die Unkenrufe und die apokalytischen Beschwörungen des wirtschaftlichen Untergangs der Stadt im Falle einer rot-grünen Koalition, die nicht nur eine gewisse Presse, sondern auch Politiker der in ihren letzten Zügen liegenden Regierungskoalition verbreiten. Mitzscherling, stellvertretender Vorsitzender des Arbeitskreises Wirtschaftspolitik der SPD-Bundestagsfraktion, wunderte sich darüber, daß Graf Lambsdorff (FDP) (Einer der gelungenen Resozialisierungsfälle der BRD! d. säzzer) ernsthaft zu glauben scheine, nur eine FDP-Beteiligung erlaube wirtschaftliches Gedeihen. Der SPD-Mann ruft nun nach Helmut Kohl. Nun müsse der Kanzler sich schützend vor die Stadt stellen, auch wenn es nicht mehr seine Partei ist, die die Stadt regiert.
Wie denn in den Bezirken zwar nicht regiert, aber weiter verwaltet wird, bereitet einigen PolitikerInnen Kopfschmerzen. Volker Härtig, scheidender AL-Abgeordneter würde ja so gerne den Kreuzberger Stadtrat machen, aber seine Kreuzberger Mit-ALerInnen hegen die größten Bedenken. Franziska Eichstätt, von vielen favorisierte ehemalige Geschäftsführerin von „Stattbau“, weiß dagegen noch nicht so richtig, ob sie wollen soll. Dirk Jordan, AL -Bezirksverordneter in Kreuzberg, hat da weniger Probleme. So die Genossen zustimmen, ist er für den Posten es Volksbildungsstadtrats vorgesehen.
Die Kreuzberger SPD-Wähler quälen andere Sorgen. Günther König (SPD), demnächst Kreuzberger Bürgermeister, soll nämlich nicht trinkfest sein. Mit „Semmelkrüger“ (Wolfgang Krüger, CDU, Noch-Bürgermeister) habe man wenigstens ab und zu einen heben können, bedauert das SPD-Wahlvolk öffentlich in Kneipen. Bei der schier unaufhaltsamen Euphorie in dieser Stadt ist es vielleicht gar nicht schlecht, wenn ein SPDler nüchtern bleibt, meint
Marianne
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